„Quellen des Lebens“: Rebellische Eltern sind schierer Stress

Oskar Roehler blättert durch seine eigene Familiengeschichte.

Düsseldorf. Die eigene Biografie und die Traumata der Kindheit waren für den Filmemacher Oskar Roehler („Der alte Affe Angst“, „Die Unberührbare“) immer auch ein kreatives Fundament. In seinem neuen Film „Quellen des Lebens“ erzählt er im epischen Format die Geschichte seiner Familie über drei Generationen hinweg und zeichnet ein vielschichtiges Bild seiner verstörenden Kindheit.

Der Film setzt ein mit dem Großvater väterlicherseits (Jürgen Vogel), der 1949 aus der Kriegsgefangenschaft kommt und mit Hilfe seines Sohnes Klaus (Kostja Ullmann/Moritz Bleibtreu) eine Gartenzwergfabrik aufbaut. Aber der Junior träumt von einer Schriftstellerkarriere und lernt die mondäne Gisela (Lavinia Wilson) kennen — eine Tochter aus sehr viel besserem Hause mit einem beißenden Hass auf ihre großbürgerliche Herkunft. Als Gisela schwanger wird, heiraten die beiden, aber um den Nachwuchs — also Oskar, der hier Robert heißt — will sich keiner kümmern.

Die Mutter, deren schriftstellerische Karriere gerade durchstartet, verlässt Mann und Kind. Der alkoholsüchtige Vater geht als Lektor nach Westberlin und ist mit der Betreuung des Jungen überfordert. Der wird nun zwischen den Großeltern hin- und hergeschubst. Aus der Odyssee des verstörten Kindes entwickelt Roehler auch eine mentale Reise durch die Kulturgeschichte der alten Bundesrepublik, wo in den 60ern der Generationskonflikt zwischen den Nazi-Eltern und APO-Kindern mit unnachgiebiger Härte ausgetragen wird.

Dabei wird der kleine Robert als Alter Ego des Regisseurs zwischen den Fronten zerrieben. Dass Roehler, der hier sein Romandebüt „Herkunft“ verfilmt, mit dem Narzissmus der Elterngeneration härter ins Gericht geht als mit der Nazi-Vergangenheit des Großvaters, ist aus der subjektiven Sicht des Kindes verständlich. Dennoch bemüht sich der Film, das Versagen der Eltern im Kontext zu verstehen, ohne daraus eine Versöhnungsshow zu machen.

Er zeigt aber auch die Lebensenergie-fressenden Grabenkriege zwischen den Generationen gegen die eigene Herkunft. Dass es aus der eigenen Lebensgeschichte dennoch kein Entrinnen gibt und es darauf ankommt, die Erfahrungen ins Produktive zu wenden — dafür ist Roehlers Familienepos ein gutes Beispiel.

WZ-Wertung: Drei von fünf Punkten

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