Europäischer Filmpreis: Wenn der Film sich feiert

Zum 20. Mal wurden die begehrten Trophäen verteilt. Beim besten Film führte der Rumäne Cristian Mungiu die Regie.

<strong>Berlin. Zum ersten Mal geht der Europäische Filmpreis nach Rumänien. Es war wie beim Festival in Cannes: Das Abtreibungsdrama "4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage" holte in Berlin den Preis als bester Film. Das beklemmende Drama aus Osteuropa setzte sich gegen Fatih Akins deutsch-türkisches Migrantenkino "Auf der anderen Seite" - er musste mit dem Drehbuchpreis Vorlieb nehmen - und starke Konkurrenten wie "Die Queen" und "Persepolis" durch. Der Rumäne Cristian Mungiu (39) wurde auch als bester Regisseur ausgezeichnet. "Das ehrt mich wirklich", sagte Mungiu. Deutsche Produktionen waren nicht so dominant wie in den Vorjahren. Den Sieg für Rumänien gab es passenderweise am Nationalfeiertag des EU-Neulings. Der Film, der in Cannes gefeiert wurde und am 22. November in den deutschen Kinos anlief, ist ein leises, eindrückliches Werk. Mungiu erzählt darin die Geschichte zweier Freundinnen zu Zeiten Ceausescus, die eine damals streng verbotene Abtreibung organisieren müssen. Kein Popcornkino für ein Massenpublikum. Preise sind nicht Mungius Ziel. "Ich versuche nur, eine Geschichte zu erzählen", sagte er. Er kann sich nun beim Rennen um den Auslands-Oscar noch größere Hoffnungen machen.

Jan Josef Liefers führte vor, wie sächsisches Englisch klingt

Preisträgerin Helen Mirren grüßte per Videobotschaft als beste Schauspielerin für ihre Rolle als Elizabeth II. im oscar-preisgekrönten "Die Queen". Selbst ihre Filmhunde, die Corgis, haben längst einen Preis bekommen. In Berlin schlitterte Stephen Frears Film aber an den meisten Trophäen vorbei, auch wenn sein Kollege Volker Schlöndorff getippt hatte: "Die Queen räumt alles ab."

Zum besten europäischen Schauspieler wurde der Israeli Sasson Gabai ("The Band’s Visit") gekürt. Die Bestsellerverfilmung "Das Parfum - Die Geschichte eines Mörders" von Tom Tykwer bekam Preise für die beste Kamera (Frank Griebe) und für das Produktionsdesign (Uli Hanisch). Emmanuelle Beart und Jan Josef Liefers (der vorführte, wie sächsisches Englisch klingt) moderierten die Gala, bei der auch die Leningrad Cowboys auftraten. 2008 wird der Preis in Kopenhagen ausgerichtet.

Für Befremden sorgte in Berlin Jean-Luc Godard ("Außer Atem"), der die Verleihung boykottierte und statt dessen ein Mörike-Gedicht ("Lass, o Welt, o lass mich sein...") vorlesen ließ.

Der Europäische Filmpreis Er wird in 15 Kategorien vergeben. Gastgeber der Gala war die Europäische Filmakademie mit rund 1800 Mitgliedern. Der Preis wurde vom früheren Berliner Kultursenator Volker Hassemer initiiert und erstmals 1988 vergeben. Mit dem Preis soll die europäische Filmkultur gestärkt werden. Eine deutsche Produktion hat seit 2003 dreimal die Trophäe für den besten Film gewonnen: "Das Leben der Anderen" (2006), "Gegen die Wand" (2004), "Good Bye, Lenin!"

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