Die Musketiere heben ab

Regisseur Paul W. S. Anderson rüstet den vielfach verfilmten Klassiker zum vergnüglichen 3D-Spektakel auf.

Düsseldorf. Was macht man, wenn eine Geschichte bestens bekannt ist, sie aber trotzdem noch einmal auf die Kinoleinwand soll? Man kann sie in Gefühl baden — das verspricht in diesen coolen Zeiten aber nur bedingten Erfolg. Oder man rüstet hemmungslos auf — und das hat der Regisseur und Produzent Paul W. S. Anderson in „Die drei Musketiere“ getan.

Zur Einführung des Personals taucht Athos (Matthew Macfadyen) in Venedig mit einer Taucherglocke auf dem Kopf aus einem Kanal auf, was an Edgar Wallaces „Froschmann“ denken lässt. Sein Kumpan Aramis (Luke Evans) stürzt sich Batman-gleich von einer Zinne in ein Boot. Und der eingekerkerte Porthos sprengt vor Cagliostro (ein neckischer Kurzauftritt von Til Schweiger) seine Ketten, als hätte er sich das bei Hulk abgeguckt. Früher waren die Musketiere gewitzte Degenkämpfer, für die Zuschauer der Internet-Generation müssen sie Superhelden sein, die ab und zu menschliche Schwächen zeigen.

Die Constantin Film hat mit angeblich rund 100 000 Millionen Dollar Produktionskosten den bisher teuersten deutschen Film gedreht. Da darf das Motto schon mal heißen: Pferdegetrappel und gekreuzte Degen kennt man zur Genüge, hätten Sie es nicht eine Nummer größer ausfallen können? Für die Geschichte um das Musketier-Quartett in Diensten des schwächlichen Königs Ludwig XIII. (Freddie Fox), den bösartigen Kardinal Richelieu (mit exquisiter Minimal-Mimik: Christoph Waltz), die intrigante Milady de Winter (Milla Jovovich, Foto: Constantin) und ein gestohlenes Collier.

Bitte sehr, bitte gern. Augenzwinkernd zitiert sich Anderson quer die Filmgeschichte — von Pippi Langstrumpfs Pferd „Kleiner Onkel“, dem D’Artagnans gescheckte „Butterblume“ täuschend ähnlich sieht über Anleihen bei „Oceans’s Eleven“ und „Sakrileg“ bis hin zu Martial Arts-Szenen, in denen Milady im langen Reifrock ausdauernd durch die Luft wirbelt, bevor sie sich im knappen Korsett an der Fassade abseilt.

Dann packt der Regisseur die richtigen Knaller aus: Er lässt ein gigantisches Luftschiff über das Schloss gleiten — ein Schelm, wer dabei an Piratenschiffe in der Karibik denkt. Das schwebt nicht etwa nur kurz darüber weg, sondern wird mit feuerspeienden Drachen und donnernden Kanonen ausgiebig für Flüge über den Ärmelkanal und muntere Baller-Action genutzt.

Das bringt so viel Bombast und Brimborium vor die 3D-Brille, dass die geringe schauspielerische Strahlkraft des kämpferischen Quartetts nicht besonders auffällt. Der Romanstoff von Alexandre Dumas ist schon mehr als 50 Mal verfilmt worden — vom Stummfilm mit Douglas Fairbanks 1921 über Richard Lesters Trilogie mit Michael York, die Softporno-Version mit Ingrid Steeger, den selbstironischen Auftritt von Jeremy Irons, John Malkovich und Gérard Depardieu als arthrosegeplagten Haudegen 1998 bis zum Disney-Film 2004 mit Micky, Donald und Goofy in Mantel und Schlapphut. Erstaunlicherweise lässt sich daraus ein weiteres vergnügliches und fantasievolles Abenteuer ziehen.

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