Der Diktator: Ein Tyrann im Bioladen

Nach Borat und Brüno ist Sacha Baron Cohen „Der Diktator“. Was schmerzhafte Satire sein will, ist letztlich nur eine derbe Komödie.

Düsseldorf. Einsam ist das Despotenleben: Noch nicht mal zum Kuscheln will sie bleiben, die teuer eingekaufte Hollywood-Schlampe, die mit Diktator Aladeen (Sacha Baron Cohen) den Koitus korruptus vollzieht. Als Belohnung winkt ein Goodie-Bag mit edlem Geschmeide. Bevor das Starlet die diamantenbesetzte Uhr anlegt, beäugt es sein Honorar kritisch.

Megan Fox, die mit diesem Kurzauftritt als sie selbst ihr Image als publicitygierige Kurven-Braut aufs Korn nimmt, ist nur eine unter vielen, die sich für ein paar Dollar mehr mit der dunklen Seite der Macht einlassen — so zumindest will es „Der Diktator“ weismachen.

Das Polaroid, das zum Abschied geschossen wird, hängt Aladeen zu den anderen. Als die Kamera sich langsam zurückbewegt, wird die Sicht frei auf ein wahres Bildermeer an der getäfelten Schlafzimmerwand. Selbst Arnold Schwarzenegger soll sich prostituiert haben.

Dieser Seitenhieb auf die unkritischen Affären, die Superstars gerne mal mit zweifelhaften Staatschefs eingehen, ist eine der besseren Szenen einer Satire, die sonst oft gar nicht so recht zu wissen scheint, ob sie überhaupt eine Satire sein will. Der Diktator: ein Abziehbild. Sämtliche Klischees, die über Operetten-Tyrannen existieren, greift der Film auf und macht daraus eine brachiale Gag-Parade mit meist nur mäßiger politischer Schlagkraft.

Um seine eigenen Olympischen Spiele zu gewinnen, erschießt Aladeen Konkurrenten und Kampfrichter. Wer ihm widerspricht, so dämlich die Behauptungen des Herrschers auch sein mögen, wird mit Rübe-ab-Geste dem Henker überantwortet.

Wadiya, so der Name des fiktiven Wüstenstaats, ist Symbol für die autoritären Regime dieser Welt; Aladeen, eingefleischter Antisemit mit Hang zu Fantasieuniformen, eine Personalunion aus Gaddafi und Ahmadinedschad. Muss er vor der Weltöffentlichkeit beteuern, kein Uran anreichern zu lassen, kriegt er einen hysterischen Lachanfall.

Bei einer New-York-Reise lässt ihn sein Stellvertreter Tamir (Ben Kingsley) entführen und gegen einen Doppelgänger austauschen. Aladeen flieht, irrt in Unterwäsche durch Manhattan und fällt vor dem UN-Gebäude Aktivistin Zoey (Anna Faris) in die Hände, die gerade mit anderen gegen seinen Auftritt bei den Vereinten Nationen demonstriert. Weil sie ihn für einen illegalen Einwanderer auf der Flucht vor den Behörden hält, lässt sie ihn in ihrem Bioladen arbeiten.

Anders als in seinen bisherigen Filmen — sei es als schrill-schwuler Brüno oder als devot-debiler Borat — legt Cohen seinen Diktator nicht als Ventil für entlarvende Guerilla-Comedy an. Der Plot folgt strikt einem Drehbuch — daran kranken sowohl manche Dialoge, die dumpf aufschlagen, als auch die Regie von Larry Charles, der sich diesmal nicht auf die spontane Borniertheit böswillig überrumpelter Normalos verlassen kann.

Ohne diese Impro-Elemente, die für Cohen so stilprägend sind, bleibt unter dem Strich eine Komödie, die sich für Mainstreamverhältnisse viel traut, aber hinter ihrem eigentlichen Anspruch, eine schmerzende Satire sein zu wollen, weit zurückbleibt. Aladeen hätte dafür wohl nur einen angedeuteten Kehlenschnitt übrig. Aber die Vorstellungen eines Diktators sind ja meist auch völlig überzogen.

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