Animationsfilm: "Ratatouille" - Ratte rührt am Suppentopf

In „Ratatouille“ avanciert ein Nager zum begnadeten Gourmet-Guru. Wieder beweist Pixar Finesse und Detailliebe.

<strong>Düsseldorf. Nein, sie sind nicht gut gelitten, die Ratten. Sie gelten als hinterhältige Aasfresser und Überträger todbringender Krankheiten. Dank ihres nackten, schuppigen Schwanzes sind sie obendrein ein Symbol mangelnder Ästhetik. Darunter rangieren rein optisch nur noch Totenkopfäffchen und Nacktmulle. Aber die ernähren sich nicht von Abfällen, weswegen sie im menschlichen Wertesystem die Ratte überrunden. Wer Dreck frisst, ist verachtenswert, so einfach ist das.

Remy, ein verträumter Rätterich, teilt diese bornierte Einstellung. Angewidert verharrt er Tag für Tag in der Entsetzensstarre, während seine Anverwandten die organischen Rückstände des Küchenmülls gierig in sich hineinschlingen. Barbarisch findet er dieses Verhalten, obendrein ruft der Verwesungsgeruch bei ihm einen Würgereflex hervor - bei Ratten eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit, da ihre Physis zum Erbrechen dank zweigeteilten Magens nicht fähig ist. Aber was ist bei Remy schon normal?

Durch ein Dachfenster beobachtet er nachts das geschäftige Treiben in der Großküche des gerade verstorbenen Pariser Drei-Sterne-Kochs Gousteau. Als der verschüchterte Putzjunge Linguini aus Versehen eine vor sich hin köchelnde Consommé verhunzt, greift Remy beherzt ins Gewürzregal und eröffnet der Suppe mit ein wenig Kerbel und einer Spur Estragon völlig neue Geschmackswelten.

Linguini steigt dank dieser Manipulation zum Sous-Chef auf. Damit sein kulinarisches Unvermögen nicht auffliegt, geht er mit Remy eine gewinnbringende Symbiose ein. Unter der Kochmütze versteckt steuert die Ratte fortan die Handgriffe des Nachwuchs-Maîtres.

Schließlich lautet Gousteaus Mantra nicht umsonst "jeder kann kochen" - ein Leitmotiv, das Remy, der zur Selbstherrlichkeit neigende Nager, anderen, namentlich Linguini, nicht zugestehen will. Es kommt zum Streit zwischen den beiden, die miteinander nicht mehr wollen, ohne einander aber nicht können.

So ist es in einem Kinojahr mit unzähligen, handwerklich zwar gelungenen, inhaltlich aber ermüdenden Blockbuster-Fortsetzungen ausgerechnet ein animiertes Pelztier mit zweifelhaftem Ruf, das das Originalitäts-Fähnchen der Traumfabrik einsam schwenkt. Und dabei heißt es immer, es seien die Ratten, die das sinkende Schiff zuerst verlassen.

(WZ-Wertung: 5 von 5 Sternen)


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