Ein artiger Oscar-Abend

Die Favoriten siegen, die Show schwächelt, die deutschen Kandidaten gehen leer aus.

Los Angeles. Es geht ja oft peinlich daneben, wenn sich jemand betont jugendlich geben will — und diesmal traf es die Oscar-Veranstalter. Sie hatten Anne Hathaway (28) und James Franco (32) als jüngste Moderatoren verpflichtet, die je bei der Verleihung auf der Bühne standen. Diese kündigten an, die Show werde „young and hip“. Stattdessen wurde sie brav und fad — was sich mit der Tendenz der Preise deckt.

Hathaway zappelte herum wie eine Schülerin, Franco versuchte sich als cooler Typ, der auch mal eine Zote fallenlässt. Und als Zuschauer verfolgte man mit gewisser Genugtuung, dass es eben nicht reicht, wenn einem der Text in den Mund gelegt wird — ein bisschen Schwung muss man schon selbst mitbringen, und etwas Harmonie mit dem Bühnenpartner kann auch nicht schaden.

Als der achtmalige Oscar-Moderator Billy Crystal (63) nach rund zwei Stunden auf die Bühne kam (um den 18-maligen Moderator Bob Hope zu ehren), wollte man nur noch eins: Bitte bleib! Doch Crystal war rasch wieder verschwunden.

Auch andere erfahrene Umschlag-Öffner wie Cate Blanchett (41), Oprah Winfrey (57) oder Helen Mirren (65) sorgten wenigstens für ein wenig Spaß. Und dann kam noch Kirk Douglas (94) — er scherzte über seinen Stock und hatte beim Namenverlesen die Ruhe weg, was die Spannung steigen ließ.

Das war bitter notwendig, denn die Preisvergabe selbst bot wenig Überraschendes — allenfalls, dass der zehnfach nominierte, wunderbar gradlinige Western „True Grit“ von Ethan und Joel Coen komplett leer ausging.

Das Rennen der Favoriten gewann der zwölffach nominierte britische Film „The King’s Speech“, den die amerikanische Filmkunst-Akademie mit vier Trophäen in den wichtigsten Kategorien bedachte. Erwartungsgemäß gewann Colin Firth den Preis als bester Hauptdarsteller.

Er hielt eine elegante Dankesrede, unwürdig und peinlich ist dagegen die Zensur, der die Hollywood-Bosse seinen Film unterwerfen. Sie haben die „farbige Sprache“ herausgeschnitten — gemeint ist eine Salve gestotterter „fucks“, die zur Sprechtherapie des Prinzen gehört. Bisher gab es eine Altersbeschränkung ab 13 Jahren, die ist für den Oscar-Abräumer nun hinfällig. In Deutschland gab es von Anfang an keine Altersbeschränkung.

Der Oscar für die beste Hauptdarstellerin ging an die ebenfalls favorisierte Natalie Portman für ihre Rolle als schizophrene Tänzerin in „The Black Swan“. Der hochschwangeren 29-Jährigen kamen die Tränen, was man gut verstehen kann — anders als die Tatsache, dass sie genau das Gleiche sagte wie bei allen Preisverleihungen zuvor.

Der Abend in Los Angeles schleppte sich schwer verschnarcht dahin, nur einmal gab es ein kurzes Signal zum Aufwachen. Charles Ferguson bekam den Preis für seine Dokumentation „Inside Job“ über die Finanzkrise und ließ sich die Feststellung nicht nehmen, dass „drei Jahre nach der größten Finanzkrise, die durch Betrug ausgelöst worden ist, noch immer kein einziger Manager im Gefängnis sitzt“.

Die in Nebenkategorien nominierten Deutschen gingen leer aus, feierten aber trotzdem. Der in Frankfurt geborene und in Santa Monica lebende Komponist Hans Zimmer war mit seiner Musik zu „Inception“ ins Rennen gegangen. Auch die Trickfilmer Jakob Schuh und Max Lang konnten keine Statue für ihren „Grüffelo“-Film mit nach Hause nehmen.

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