Grimme-Preis: Im Zweifel für den „Tatortreiniger“

Die Jury des Grimme-Preises geht auf Nummer sicher — und zeichnet wieder die Mini-Serie aus. Das „Dschungelcamp“ geht leer aus.

Düsseldorf. Marl atmet auf: Dem „Dschungelcamp“ bleibt das Gütesiegel „Grimme-Preis“ verwehrt und dem Grimme-Institut ein weiterer Empörungssturm erspart. Die Unterhaltungsjury hat sich gegen das umstrittene RTL-Format entschieden.

„Gutes Handwerk macht noch keinen Grimme-Preis”, sagte Jury-Vorsitzender Gerd Hallenberger am Mittwoch bei der Preis-Bekanntgabe. Das Format reagiere zwar auf den gesellschaftlichen Wertewandel, „aber nicht auf eine Weise, die uns preiswürdig erschien“. Hallenberger nennt es „Unterhaltung der Agenda 2010“.

Stattdessen ist die Jury mit Preisen für den bereits 2012 ausgezeichneten „Tatortreiniger“ (NDR) und für „Switch Reloaded“ (ProSieben) auf Nummer sicher gegangen. Ausgezeichnet werden jeweils einzelne Folgen: In „Schottys Kampf“ wird Bjarne Mädel als Tatortreiniger in ein Neonazi-Vereinsheim gerufen, und der schon viermal nominierte Dauerbrenner „Switch Reloaded“ erhält seinen ersten Grimme-Preis für das „Wetten, dass . . ?“-Spezial.

Die wenig spektakuläre Unterhaltungs-Entscheidung hat einen Vorteil: Ohne den Pulverdampf einer „Dschungelcamp“-Wutwelle hat man freien Blick auf die Preisträger. Traditionell räumten ARD-Sender (sechs) und das ZDF (fünf) das Gros ab. Ein privater Überraschungsgast ist doch zur Preisverleihung am 12. April geladen: „Add a friend“ von TNT Serie, die erste fiktionale Eigenproduktion eines deutschen Pay-TV-Senders. Ken Duken spielt einen Fotografen, der vom Krankenhausbett per Laptop kommuniziert, ein Format, das den Wandel der Medienwelt spiegelt.

Die eigentliche Sensation: Dominik Graf geht diesmal leer aus, was der Regisseur angesichts von zehn Grimme-Preisen sicher verschmerzen kann, was aber gerade in diesem Jahr ungerecht ist. Denn Graf war das erste Mal sowohl in der Kategorie Fiktion („Das unsichtbare Mädchen“) als auch in der Kategorie Information und Kultur („Lawinen der Erinnerung“) mit zwei Filmen vertreten. Stattdessen komplettieren die Roman-Verfilmung „Der Turm“ und der nachnominierte Fernsehfilm „Der Fall Jakob von Metzler“ die Liste der Preisträger.

Immerhin beschert das Marl einen Auftritt von Publikumsliebling Jan Josef Liefers. Und Claudia Michelsen, Sebastian Urzendowsky sowie Robert Atzorn dürfen sich über ihre ersten Grimme-Preise freuen. Schön auch, dass mit Sarah Wirtz für die Maske bei „Switch Reloaded“ und Lars Lange für die Ausstattung bei „Der Turm“ zwei Vertreter von selten prämierten Film-Gewerken zum Zuge kommen.

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