Furioser Berlinale-Start mit Wong Kar Wai

Berlin (dpa) - Meister der asiatischen Kampfkunst haben am Donnerstagabend die 63. Berlinale eröffnet. Mit Wong Kar Wais Kung-Fu-Drama „The Grandmaster“ (Der Großmeister) starteten die Berliner Filmfestspiele furios in den elftägigen Filmmarathon.

Der chinesische Regisseur, der gleichzeitig Vorsitzender der Berlinale-Jury ist, zeigte einen Martial-Arts-Film voller Poesie und Melancholie, aber auch jeder Menge Pathos. Wong (54) bewies schon mit „In The Mood For Love“ und „2046“ Mut zum ganz großen Liebesdrama. In „The Grandmaster“ mischt er nun außerdem eine kräftige Portion Spektakel, Lebensphilosophie und politische Anspielungen in die Geschichte.

Wong ließ sich für seinen Film von der Lebensgeschichte des legendären Kampfmeisters IP Man inspirieren, dem Mentor von Bruce Lee. Exzellente Hauptdarsteller in „The Grandmaster“ sind Tony Leung („In The Mood For Love“, „Gefahr und Begierde“) und Zhang Ziyi („Tiger & Dragon“, „Die Geisha“). Schauplatz ist China Mitte der 1930er Jahre. Vor dem Hintergrund von Kriegswirren und japanischer Besatzung treffen die Kampfkunst-Meister Ip Man (Leung) und Gong Er (Ziyi) aufeinander - er aus dem Süden, sie aus dem Norden des Landes. Ein Spiel um Ehre, Liebe, Begehren, Verrat und Rache beginnt.

„Ich hoffe, unser Film vermittelt ein neues Bild von dem, was Martial Arts ist. Es ist mehr als Kampfsport, es prägt die Lebensart, kann geistige Größe schenken“, sagte Wong. Leung, der sich während der Vorbereitung auf die Rolle gleich zwei Armbrüche zuzog, meinte: „Diese Arbeit war das größte Abenteuer meiner bisherigen Karriere. Ich meine damit nicht den Sport. Entscheidend ist, dass ich durch Kung Fu viele geistige Anregungen für eine erfüllte Lebensart bekommen habe.“

Vor fast 20 Jahren machte Wong mit „Ashes of Time“ schon einmal einen Ausflug ins Martial-Arts-Genre. In „The Grandmaster“ zeigt er nun eine neue Facette des Kampfkunst-Films: den philosophischen Actionfilm. Die in Zeitlupe durch die Luft wirbelnden Körper sind von Yuen Wo Ping („Matrix“, „Kill Bil“) bis zur Vollendung choreographiert. Die auch erotischen Anziehungskräfte der Kämpfer spiegeln sich stets in ihren Bewegungen. Auch zersplitterndes Glas, tropfendes Blut und fallender Regen sind nicht nur Illustration, sondern haben immer eine tiefere Bedeutung. Die etwas zähe Handlung bleibt da oft auf der Strecke.

Wongs außer Konkurrenz laufender Film berauscht mit ausgeklügelten Kampfeinlagen, prächtigen Kostümen, feinsten Bildkompositionen und kongenialem Musikeinsatz. Den für westliche Betrachter manchmal schwer zu deutenden Ehrenkodex der Kung-Fu-Kämpfer überträgt Wong auf das Leben - ein Film voller Symbole und bedeutungsschwangerer Andeutungen, die die Story mitunter etwas prätentiös wirken lässt. Erzählt wird die Geschichte oft aus dem Off mit den Stimmen der Hauptfiguren. Das schafft eine somnambule Distanz zu den dramatischen Ereignissen - der Zuschauer kann am Ende manchmal nicht mehr zwischen Traum und Realität unterscheiden.

Rund 1600 prominente Gäste waren zur Eröffnungsgala mit Festivaldirektor Dieter Kosslick und Comedystar Anke Engelke gekommen. Auf dem roten Teppich vor dem Berlinale-Palast am Potsdamer Platz standen Stars wie Jane Fonda, Isabella Rossellini, Nina Hoss, Mario Adorf, Jürgen Vogel, Iris Berben, Senta Berger und Hannelore Elsner - die Damen trotz leichten Schneefalls und eisiger Temperaturen in oft tief dekolletierten, prächtigen Roben. Auch Hollywood-Kameramann Michael Ballhaus und die Regisseure Wim Wenders und Tom Tykwer waren gekommen.

Kulturstaatsminister Bernd Neumann betonte, dass er sich freue, dass der Berlinale-Wettbewerb den neuen Film des in seiner Heimat verfolgten iranischen Regisseurs Jafar Panahi zeigt. „Vielleicht kann er ihn sogar persönlich präsentieren, sagte Neumann. Er rief die iranische Regierung dazu auf, Panahi zur Weltpremiere seines Films „Geschlossener Vorhang“ („Pardé“) nach Berlin reisen zu lassen.

Bis zum 17. Februar zeigen die Internationalen Filmfestspiele Berlin mehr als 400 Filme. Im offiziellen Wettbewerb starten 19 Filme, darunter als einziger deutscher Beitrag „Gold“ von Thomas Arslan. In dem Western spielt Nina Hoss die Hauptrolle. Bereits am Freitag wird der rote Teppich für Hollywoodstar Matt Damon ausgerollt. Er stellt zusammen mit US-Regisseur Gus Van Sant („Good Will Hunting“) das Öko-Drama „Promised Land“ vor.

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