Dieter Kosslick: Berlinale kein „Komödien-Filmfestival“

Berlin (dpa) - Countdown für die 64. Berlinale: In zehn Tagen starten die Internationalen Filmfestspiele Berlin (6. bis 16. Februar) mit rund 400 Regiearbeiten aus aller Welt.

Dieter Kosslick: Berlinale kein „Komödien-Filmfestival“
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Trotz Glamours auf dem roten Teppich gilt die Berlinale manchen Kritikern wegen der vielen sozialkritischen, politischen Filmen im Programm als „Problemfilm“-Festival.

„Wir sind kein Komödien-Filmfestival“, sagt Festivaldirektor Dieter Kosslick (65) der Nachrichtenagentur dpa dazu. „Das heißt aber nicht, dass auf der Berlinale nicht gelacht wird. Auch dieses Mal gibt es wieder lustige Filme“, verspricht Kosslick, der außerdem einen Trend zum „Langstünder“ ausgemacht hat.

Frage: Zum ersten Mal seit dem Jahr 2006 gibt es wieder gleich vier deutsche Filme im Wettbewerb, kein anderes Land ist 2014 so oft im Wettbewerb vertreten - was macht die Stärke des deutschen Films aus?

Antwort: Die Stärke des deutschen Films ist seine künstlerische Vielfalt. Die vier deutschen Berlinale-Wettbewerbsfilme sind thematisch und formal völlig unterschiedlich: Feo Aladag erzählt in „Zwischen Welten“ von deutschen Soldaten in Afghanistan. „Die geliebten Schwestern“ von Dominik Graf über den Dichter Friedrich Schiller und die Schwestern Caroline von Beulwitz und Charlotte von Lengefeld ist ein Stück deutsche Kulturgeschichte. Edward Bergers „Jack“ ist ein eher traditionell erzählter, aber sehr eindrucksvoller Film über das Leben von Kindern. In „Kreuzweg“ von Dietrich Brüggemann geht es um Sexualität, Macht und Moral.

Frage: Gibt es einen internationalen filmischen Trend bei der 64. Berlinale?

Antwort: Der sogenannte „Langstünder“ ist angesagt - auffällig viele Filme sind über zwei Stunden lang. Da ist Dominiks Grafs „Die geliebten Schwestern“ mit 165 Minuten, Lars von Triers „Nymphomaniac Volume I“ mit 150 Minuten, Richard Linklaters „Boyhood“ mit 166 Minuten, Yoji Yamadas „Chiisai Ouchi“ (Das kleine Haus) mit 136 Minuten, David O. Russells „American Hustle“ mit 130 Minuten und Tim Wintons „The Turning“ mit sogar 180 Minuten.

Frage: Warum macht kaum ein Filmregisseur mehr einen Film unter zwei Stunden?

Antwort: Der Trend geht zum langen Gucken. Noch viel, viel länger als alle Berlinale-Filme sind nämlich die amerikanischen Fernsehserien, die ja sehr gerne am Stück geschaut werden. Und da beklagt sich keiner. Manche Geschichten brauchen ihre Zeit, um sich richtig entfalten zu können. Die Filmemacher müssen sich dann diese Zeit nehmen.

Frage: Die Berlinale wird manchmal als „Problemfilm“-Festival bezeichnet. Ist es richtig, dass bei Ihnen gilt: Inhalt geht vor Glamour, Politisches vor Promi-Rummel?

Antwort: Viele der rund 400 Filme der Berlinale sind sozialkritisch und politisch. Wir sind kein Komödien-Filmfestival. Es ist einfach so, dass es weniger anspruchsvolle Komödien gibt, aber wir sind durchaus für Unterhaltung zu begeistern. Und Filmfestivals können ernste Filme zeigen, die es in der Entertainment-Welt schwer haben. Das heißt aber nicht, dass auf der Berlinale nicht gelacht wird. Auch dieses Mal gibt es wieder lustige Filme. Hans Petter Moland zeigt im Wettbewerb „Kraftidioten“ mit Bruno Ganz, Stellan Skarsgard und der „Borgen“-Darstellerin Birgitte Hjort Sørensen. Das ist eine absurd skurrile Geschichte über einen norwegischen Schneepflug-Fahrer, der in einen Rauschgiftskandal verwickelt wird. Catherine Deneuve ist in der Komödie „Dans la cour“ (Im Hof) von Pierre Salvadori zu sehen.

Frage: China ist mit drei Filmen sehr stark im Wettbewerb vertreten - welche Themen bewegen die Filmemacher dort?

Antwort: Die chinesischen Filme haben bei all ihrer Unterschiedlichkeit eines gemeinsam: Sie erzählen sehr realistisch vom Leben in China heute. Die Filmemacher zeigen das Leben unter dem herrschenden System dabei nicht mehr wie früher in Metaphern. Das Leben außerhalb der Glitzerstädte Peking und Shanghai sieht eben ganz anders aus. Dabei gib es auch zwei Genrefilme: „Black Coal, Thin Ice“ ist ein Film Noir, bei „No Man's Land“ standen die Spaghetti-Western Pate, „Blind Massage“ dagegen ist ein formal sehr interessanter Independentfilm.

Frage: Was ziehen Sie an, wenn es auf dem roten Teppich vor dem Berlinale-Palast wieder eisige Temperaturen hat?

Antwort: Ich ziehe das neueste Modell des Berlinale-Schals an, das dieses Mal dunkelblau-türkis ist. Dazu meine Thermo-Unterwäsche, Kaschmirsocken und meinen dicken Mantel. Und wenn es wirklich hart wird, habe ich noch meine guten alten Ohrenschützer. Außerdem habe ich zwei neue schwarze Hüte aus Italien. Die hat mir mein Freund, der Designer Nino Cerruti, machen lassen.

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