„Dame, König, As, Spion“: Spion mit Oscar-Aussicht

Berlin (dpa) - Die Idee, „Dame, König, As, Spion“ zu verfilmen, klang nach einem todsicheren Rezept für eine Katastrophe. Ein Spionage-Klassiker aus den Tiefen des längst vergangenen Kalten Krieges.

Stars wie Gary Oldman und Colin Firth in der Hand eines international kaum bekannten schwedischen Regisseurs. Ein stiller und sehr britischer Film, der weltweit sein Geld einspielen soll. Doch aus dem Berg an Herausforderungen wurde ein Triumph: Begeisterte Kritiker, gut gefüllte Kinosäle und drei Oscar-Nominierungen, darunter die allererste für Oldman.

Dabei hatte der 53-jährige Brite, früher oft auf die Rolle des durchgeknallten Bösewichts abonniert, fast einen Monat gezögert, bevor er die Rolle des melancholischen Meisterspions George Smiley übernahm. Schließlich habe sich seit der legendären BBC-Verfilmung in den 70er Jahren keiner jemand anderen als den großen Alec Guinness in dieser Rolle vorstellen können. Für die Darstellung des Smiley habe er sich einiges bei Buchautor John le Carré abgeguckt, sagt Oldman. „Er kommt aus dieser Ära und dieser Klasse.“

„Dame, König, As, Spion“ ist keine Spionage-Geschichte, wie man sie heutzutage oft im Kino sieht. Eher Schachspiel statt Action. Nicht ein James Bond steht im Mittelpunkt, sondern die Männer im Hintergrund, die die Bonds in Bewegung setzen. George Smiley ist ein alternder, desillusionierter Geheimagent, auf den eine unangenehme Aufgabe zukommt: Er soll einen Agenten der Sowjets finden, einen „Maulwurf“, der sich über Jahrzehnte bis in die Chefetage des britischen Geheimdienstes vorgegraben hat.

Also geht Smiley auf eine Reise durch die Vergangenheit, zieht den Kreis immer enger - und hat zugleich Angst vor der Wahrheit, die er am Ende findet. Denn es sind Freunde und Kollegen, die er da verdächtigen muss, langjährige Weggefährten, von denen einer ein Verräter ist. „Geheimagenten leben in einer seltsamen Welt“, sagt der 46-jährige schwedische Regisseur Tomas Alfredson, der mit „Dame, König, As, Spion“ seinen bisher größten Film drehen durfte. „Jeder kann dein Feind sein - und zugleich darf man seine Gefühle nie offenbaren.“

Ein Buch in zwei Stunden Film zu pressen, ist immer eine Herausforderung. „Wir haben die Handlung als Basis genommen und uns auf den emotionalen Teil konzentriert“, sagt Alfredson. Dafür war genug Stoff in der Geschichte: Denn wie alle Bücher von le Carré ist „Dame, König, As, Spion“ auch eine Geschichte über Liebe und Verrat - Smiley wird permanent von seiner Frau betrogen.

Fans des Buchs dürfte im Kino das eine oder andere „Moment mal!“ entfahren: Schauplätze wurden verschoben, Handlungsstränge umgeleitet oder gekürzt. Das war auch von le Carré so abgesegnet. „Versucht nicht, das Buch zu kopieren - das gibt es schon. Macht etwas Neues daraus!“, habe der Schriftsteller ihm auf den Weg gegeben, erinnert sich der Regisseur. Und Alfredson hat es geschafft, die Atmosphäre des Buchs in seinen Film zu übertragen, die Isolation, Smileys Traurigkeit, die immer stärker pulsierende innere Spannung, je näher er zum Ziel seiner Jagd kommt.

Oldman, der jetzt auf einen Oscar als bester Hauptdarsteller hofft, ist der Anker dieses Films. Der Schauspieler sehe zwar überhaupt nicht so aus, wie er sich Smiley beim Schreiben vorgestellt habe, räumt le Carré ein. Aber Oldman habe Smiley neu erfunden: „Charmant und verstörend zugleich. Er ist ein Smiley, der geduldig darauf wartet zu explodieren.“ Die Zusammenarbeit gefiel dem 80-jährigen le Carré so gut, dass er die wenige Sekunden lange Statistenrolle als „Agent 009“ bei einer Geheimdienst-Weihnachtsfeier übernahm (die es im Buch so auch nicht gab).

Die Nachricht von Oldmans Oscar-Nominierung ereilte Alfredson ganz symbolisch unter dem Brandenburger Tor in Berlin, der „Agenten-Hauptstadt“ des Kalten Krieges und dem Schauplatz einer Fortsetzung von „Dame, König, As, Spion“. Jetzt scheint es außer Frage, dass Oldman noch einmal in die Rolle von George Smiley schlüpfen wird. Der aktuelle Plan sei, die beiden restlichen Bücher der Trilogie in einem Streifen zusammenzubringen, sagt Alfredson.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Liebe und Hass in der Vorstadt
Peter Kurth und Peter Schneider ermitteln im „Polizeiruf“ nach einem Kindsmord in Halle/Saale Liebe und Hass in der Vorstadt
Aus dem Ressort