China räumt bei Berlinale ab

Berlin (dpa) - Das asiatische Kino ist der große Gewinner der 64. Berlinale. Den Goldenen Bären der Berliner Filmfestspiele holte am Samstagabend der brutale chinesische Krimi „Bai Ri Yan Huo“ (Schwarze Kohle, dünnes Eis) von Yinan Diao.

China räumt bei Berlinale ab
Foto: dpa

Auch der Darsteller- und der Kamerapreis gingen nach China. Die Auszeichnung für die beste Schauspielerin nahm eine Japanerin entgegen.

China räumt bei Berlinale ab
Foto: dpa

Mit dem überraschenden Hauptpreis für den Genre-Film „Bai Ri Yan Huo“ entschied sich die Jury unter Vorsitz von „Brokeback Mountain“-Produzent James Schamus gegen den als heißen Favoriten gehandelten Lieblingsfilm der Festivalbesucher: US-Regisseur Richard Linklater erhielt für sein berührendes Drama „Boyhood“ über das Heranwachsenen eines Jungen aus Texas aber immerhin den Preis für die beste Regie.

China räumt bei Berlinale ab
Foto: dpa
And the winner is . . . Die Bären-Träger der Berlinale 2014
14 Bilder

And the winner is . . . Die Bären-Träger der Berlinale 2014

14 Bilder

Auch die Deutschen gingen nicht leer aus. Die Geschwister Anna und Dietrich Brüggemann nahmen für das Drama „Kreuzweg“ über religiösen Fanatismus den Silbernen Bären für das beste Drehbuch entgegen. Ein verdienter Preis für das formal strenge, an den 14 Stationen des Kreuzweges von Jesus Christus orientierte Werk. „Es war für uns so wichtig, diesen Film zu machen“, sagte Anna Brüggemann. Die Auszeichnung sei eine Ermutigung, weiter Filme zu drehen, meinte ihr Bruder.

China räumt bei Berlinale ab
Foto: dpa

In seinem Gewinnerfilm „Bai Ri Yan Huo“ zeichnet Regisseur Yinan Diao ein düsteres Bild vom Alltag im gegenwärtigen China: Gefühle zählen in der verästelten Detektivgeschichte nicht. „China ist in einer Zeit großer Wandlungen. Manche Verbrechen wirken auf mich wie Spiegel unserer Gegenwart“, so der Filmemacher. Zugleich betonte er in Berlin: „Eine besondere politische Bedeutung hat der Film nicht.“ Bei der Preisverleihung war er sichtlich bewegt.

Der Film handelt von der Aufklärung grausiger Morde. Es geht um Rache, Liebe und Sex. Der Titel „Schwarze Kohle, dünnes Eis“ spielt auf entscheidende Schauplätze an: Kohletransporter und eine Eislaufbahn. Bezüge zu konkreten Ereignissen hat der Film nicht. Allerdings gestand Yinan Diao ein: „Als wir das Drehbuch 2005 geschrieben haben, gab es einige Kriminalfälle in China, die uns sicherlich beeinflusst haben.“

Stilistisch lehnt sich der überwiegend in kalten Winterbildern gehaltene Krimi an das Genre des Film noir der 1940er Jahre in Hollywood an. Die Bilder werden von scharf herausgearbeiteten Schatten dominiert, die Akteure agieren äußerst kühl, die Dialoge sind knapp und pointiert.

Dabei geht Yinan Diao beim Zeigen von Gewalt sehr viel weiter als Regisseure wie Billy Wilder, John Huston oder Otto Preminger einst in Hollywood. Für eine Mordszene mit Schlittschuhen etwa braucht der Zuschauer recht starke Nerven. Hauptdarsteller Fan Liao, der den Silbernen Bären als bester Schauspieler erhielt, gibt den Detektiv als stoischen, in sich gekehrten Einzelgänger.

Schmunzelnd berichtete der Regisseur beim Festival: „Fan Liao hat sich außerordentlich für den Film engagiert. Während der Dreharbeiten hat er zum Beispiel viel zu viel getrunken und gegessen, um sich die Figur auch körperlich zu eigen zu machen.“

Ganz anders die Rolle der 23-jährigen Japanerin Haru Kuroki, die in „Chiisai Ouchi“ (Das kleine Haus) von Altmeister Yoji Yamada ein zartes, nur einmal nicht gehorsames Dienstmädchen in einem Tokioter Haushalt der 1930er und 40er Jahre spielt - und dafür den Silbernen Bären als beste Schauspielerin erhielt.

Mit dem Preis für die beste Kamera ging eine weitere Trophäe nach China: Jian Zeng bekam den Preis für seine Bilder zu dem Drama „Tui Na“ (Blinde Massage) über die blinden und sehbehinderten Angestellten in einem Salon für medizinische Massagen. Den meisten Spaß gab es im Berlinale-Wettbewerb mit Wes Andersons Komödie „Grand Budapest Hotel“, die mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet wurde.

Der Goldene Bär war zuletzt im Jahr 2007 mit „Tuyas Hochzeit“ von Wang Quan'an an einen chinesischen Film vergeben worden. Mit der diesjährigen wichtigsten Festivaltrophäe für „Bai Ri Yan Huo“ entschied sich die Jury gegen „Boyhood“, den Favoriten von Publikum und Kritik.

Der Große Preis der Jury ging an Wes Andersons „Grand Budapest Hotel“. Die turbulente Komödie mit Stars wie Ralph Fiennes, Willem Dafoe und Tilda Swinton hatte das elftägige Festival eröffnet.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort