Bruno Ganz dreht in Lissabon

Lissabon (dpa) - Selbst ein gestandener Schauspieler wie Bruno Ganz bekommt Nervenflattern, wenn er einem Weltstar wie Jeremy Irons gegenübersteht. „Ich bin ja ein scheuer Mensch, am Anfang ist man da so ein bisschen, na ja...“, räumt der 71-Jährige im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa in Lissabon ein.

Kurz darauf aber dreht der Schweizer Charakterdarsteller am Tejo-Fluss souverän wie immer mit dem Briten Irons (63) und dem dänischen Regisseur Bille August (63) weitere Szenen der Verfilmung des Bestsellers „Nachtzug nach Lissabon“ von Pascal Mercier.

Obwohl er sich unter anderem von einem Fahrrad überfahren lassen muss, ist Irons Feuer und Flamme für seinen neuen Job. „Es ist ein interessantes, ein ungewöhnliches Projekt, so wie sie heute kaum noch gemacht werden“, sagt er der dpa, während er im Balkon des Lissabonner Rathauses an seiner Zigarette zieht und sich genüsslich die Sonne ins Gesicht scheinen lässt. Es sei schwer, in Zeiten von Film-Vampiren und -Werwölfen das Geld für anspruchsvolle Projekte zu bekommen. Er arbeite dennoch viel, habe Spaß und lerne beim Drehen immer noch jeden Tag hinzu. Und: „Lissabon ist wundervoll im Frühling.“

Die Dreharbeiten sollen am 6. Mai abgeschlossen werden. Das Buch des Schweizer Philosophen Peter Bieri (67), alias Pascal Mercier, wurde in mehr als 30 Sprachen übersetzt. Allein auf Deutsch verkaufte es sich zwei Millionen Mal. Die Film-Besetzung ist hochkarätig. Mit dabei sind August Diehl, Martina Gedeck, Charlotte Rampling, Christopher Lee, Jack Houston, Mélanie Laurent und Lena Olin. Das zum größten Teil vom Studio Hamburg finanzierte 7,7-Millionen-Euro-Projekt soll Anfang 2013 in die Kinos kommen.

Oscar-Preisträger Irons spielt die Hauptrolle, den Gymnasiallehrer Raimund Gregorius, der eines Tages aus seinem geordneten Leben in Bern aussteigt. Er macht sich auf eine abenteuerliche Suche nach einem Dichter in dem vom Kampf gegen die Diktatur António Salazars geprägten Portugal. Unter den Portugiesen, die der Lehrer um Rat und Hilfe bittet, ist auch Ganz' Filmfigur, die des Apothekers und Diktatur-Gegners Jorge O'Kelly. Der junge O'Kelly wird von Diehl gespielt.

„Wir haben gerade angefangen, über die Rolle zu sprechen“, sagt Ganz. Der in Zürich geborene Präsident der Deutschen Filmakademie und Träger des Iffland-Ringes macht kein Hehl daraus, dass er die kleine Rolle aus einem einzigen Grund angenommen hat: „Wenn ich ganz ehrlich sein soll, dann waren Bille August und die Möglichkeit, mit Jeremy Irons diese drei, vier Szenen zu spielen, für mich attraktiver als die Rolle.“ An August schätze er besonders „die Geduld, die Ruhe und dass er extrem gut vorbereitet ist, auch mental“.

Ganz freut sich, dass er an einer internationaler Produktion teilnehmen darf, bei der „alle Sachen, die man braucht, da sind“. Er bekomme nur noch wenige gute Angebote für Hauptrollen, meint der Schauspieler („Der Untergang“, 2004). Das habe vielleicht mit dem Alter zu tun. Ob er da manchmal ans Aufhören denkt? „Aufhören? Manchmal schon...“, sagt er fast ein wenig wehmütig.

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