Anne Hathaway: Flott fertig für die Oscar-Gala

Anne Hathaway über ihre schnelle Ausbildung als Sängerin für „Les Misérables“ und den Kummer über die kurzen Haare.

Berlin. Fast hätte sie ihre Interviews abgesagt, wegen Schniefnase und Halsschmerzen. „Das ist schon meine zweite Erkältung auf dieser Pressereise“, erzählt Anne Hathaway, als sie dann doch auftaucht — mit kurzen Wuschelhaaren, ziemlich blass, in schwarzen Jeans und dunklem Labberpulli. Die Stiefeletten mit den Zwölf-Zentimeter-Absätzen mussten aber doch sein. Als Fantine im Filmmusical „Les Misérables“ ist sie nicht nur überzeugend, sondern überwältigend — was der 30-Jährigen ihre zweite Oscarnominierung einbrachte.

Frau Hathaway, Sie haben sich für diese Rolle Ihre langen Haare abgeschnitten, und das vor der Kamera. War das ein traumatisches Erlebnis?

Anne Hathaway: Das war schlimmer, als die elf Kilo abnehmen zu müssen. Dabei dachte ich, dass ich da locker drüber stehe und eh mehr der Typ Lausbub bin. Nix — als es so weit war, verwandelte ich mich in ein weinendes Häufchen Elend. Denn die Haare kommen nicht so schnell wieder wie das Gewicht. Aber als sie ab waren, war’s sofort gut. Und jetzt gefällt mir mein Bubikopf richtig gut.

Wann haben Sie erkannt, dass Sie neben der Schauspielerei auch sehr gut singen?

Hathaway (lacht): Oh, als Kind war ich ganz stark davon überzeugt. Ich hielt mich für Beyoncé! Doch eine schicksalhafte Begegnung mit einem Aufnahmegerät lehrte mich dann eines Besseren. . . Ich bin mir nicht sicher, ob ich singen kann. Ich wusste nur, dass ich diese Rolle unbedingt wollte und dass es Techniken gibt, die es mir ermöglichen, das Singen zu lernen. Nach zwei, drei Monaten Disziplin und Unterricht ich es dann irgendwie hingekriegt.

Hatten Sie schon immer eine Affinität zu Musicals?

Hathaway: Meine Mutter war Musical-Darstellerin, ich bin also damit aufgewachsen. Als Kind hatte ich eine Videokassette mit den größten Broadway-Erfolgen — die habe ich so oft gesehen, dass sie kaputt ging. Das war für mich so schlimm wie ein Rückfall ins Mittelalter.

Sie gelten als Oscar-Favoritin — nachdem Sie einen Golden Globe, den britischen Bafta, den Preis der Schauspielergilde und diverse Kritikerpreise gewonnen haben. . .

Hathaway: Aber die Ironie ist: Trotz der Preise bin ich derzeit arbeitslos.

Wie soll Ihr nächstes Projekt denn idealerweise aussehen?

Hathaway: Wenn ich den Filmemacher faszinierend finde, würde ich auch mit einer kleinen Rolle zufrieden sein. Falls sich nichts ergibt, werde ich im Herbst mit meinem Mann einen Film eines befreundeten Regisseurs produzieren, in dem ich auch mitspiele.

Sie könnten ja auch mit dem Gedanken spielen, ein Album aufzunehmen?

Hathaway: Das kann ich ausschließen! Auch wenn Musik eine große Leidenschaft von mir ist.

Wie ist es, entspannt zu Hause abzuhängen, während gleichzeitig der Hype um den Film und Ihre Oscar-Nominierung tobt?

Hathaway: Noch amüsant! Mal sehen, ob mir das in ein paar Monaten noch so geht. Das ist ja typisch für unsere Zunft: von meinesgleichen geehrt, aber arbeitslos. Ich sehe das als großartige Mahnung, um nicht zu vergessen, was unseren Beruf ausmacht: Im Wesentlichen kommt’s darauf an, überhaupt ein Projekt zu ergattern und gute Arbeit abzuliefern. Auch wenn man gerade ein Karrierehoch hat: Als Schauspieler bleibst du immer jemand, der auf ein neues Projekt wartet und abhängig ist. Da ist Demut angesagt.

Wie aufwendig ist Ihre Vorbereitung auf den Oscar-Abend am 24. Februar?

Hathaway: Meine Vorbereitung wird nicht so dramatisch ausfallen. Ich habe in den Wochen davor keinen Alkohol getrunken, das tut mir gut. Einen Tag vorher werde ich mir eine Maniküre gönnen. Meine Haare sind ja jetzt in fünf Minuten gestylt. Make-up geht auch recht fix — das meiste wird sich also an dem Tag selbst abspielen. Ich will mich auch nicht verrückt machen!

Würde sich mit dieser Trophäe ein Traum erfüllen?

Hathaway: Ich bin abergläubisch — lassen Sie uns lieber am 25. Februar darüber reden! (lacht) Ich war ja schon einmal für einen Oscar nominiert und habe ihn nicht bekommen. Mein Leben ging trotzdem weiter und ist wunderschön. Daher weiß ich: Wenn ich ihn nicht bekomme, ist es nicht das Schlimmste, was mir passieren kann. Und wenn ich ihn gewinnen würde, wäre es auch nicht das Beste, was mir je passiert ist. Denn das war meine Hochzeit im letzten Jahr!

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