Eine poetische Bilderreise mit Vincent van Gogh

Künstlerporträts gibt es einige. Aber das Aufeinandertreffen von Film und Malerei wie in „Loving Vincent“ ist pure Magie. Die Leinwand beginnt zu flimmern.

Eine poetische Bilderreise mit Vincent van Gogh
Foto: Sp.z.o.o. & Loving Vincent Ltd./Weltkino Filmverleih

Vincent van Gogh war ein obsessiver Künstler, der mit Furor in gerade einmal zehn Jahren rund 800 Bilder schuf, von denen sich viele ins kollektive Gedächtnis eingebrannt haben. Der Kunstfilm „Loving Vincent“ ist ebenfalls die Geschichte einer Obsession — mit 125 Malern und 65 000 Bildern. Einen Film wie „Loving Vincent“, der komplett aus Ölgemälden komponiert wurde, hat man noch nie gesehen. Rund sechs Jahre hat die Produktion dieser poetischen Reise gedauert, die in ein zum Leben erwecktes imaginäres Van Gogh Museum führt. Ein kühnes und auch ein wenig romantisch-altmodisches Unterfangen, das so gut wie ohne Computeranimationen auskommt.

Aber die Regisseure Dorota Kobiela (Drehbuch, Regie) und Hugh Welchman (Regie, Drehbuch, Produktion) hatten einen Traum: Der ganze Film wurde zunächst mit „echten“ Schauspielern (Saoirse Ronan, Douglas Booth) vornehmlich gedreht, dann malten 125 Künstler das Ganze in Öl im Stile van Goghs nach und erfüllten die Meisterwerke des niederländischen Künstlers mit 65 000 Bildern zum Leben. Für eine Sekunde Film brauchte man zwölf Gemälde.

Das Ergebnis ist fürwahr faszinierend: Da schimmert der berühmte Nachthimmel mit funkelnden Sternen über der Rhône, tanzen die Lichter im Kreis um die Lampen und der Regen fällt in Streifen zu Boden. Die intensiv leuchtenden und flimmernden Bilder von Vincent van Gogh werden von einer Momentaufnahme in den Lauf der Zeit versetzt.

Ein Jahr nach dem tragischen Ende des Künstlers, der sich in Auvers-sur-Oise in einem Weizenfeld in den Bauch schoss und zwei Tage später starb, ist ein letzter Brief Vincents an den Bruder Theo aufgetaucht, den Armand Roulin (Douglas Booth), ein junger Mann in einem kanariengelben Jacket, ausliefern soll.

Dabei landet er schließlich in Auvers-sur-Oise, wo er eher zufällig als eine Art Amateur-Detektiv die Umstände des Todes von Vincent van Gogh untersucht. Denn da gibt es einige Ungereimtheiten: Die Waffe ist nie gefunden worden. Hat vielleicht jemand anderes geschossen? War es gar Mord?

Die ein wenig konventionelle Detektivgeschichte, die mit in Schwarz-Weiß gehaltenen Rückblenden das Leben und Sterben van Goghs schildert, bildet den Rahmen - den Rahmen für die lebendigen Bilder, die berauschend sind.

Man besucht das gelbe Haus in Arles und das berühmte Nachtcafé, schlendert über das Gräberfeld Les Alyscamps, trifft den Postmeister Joseph Roulin in Arles und Père Tanguy in Paris.

Rund 130 Van-Gogh-Gemälde haben Kobiela und Welchman für ihre magische Liebeserklärung an einen außergewöhnlichen Künstler zum Leben erweckt. Dafür erhielten die Polin und der Brite kürzlich den Europäischen Filmpreis für den besten Animationsfilm.

Wertung: n n n n n

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