Ein letztes Opfer für das Gute

Mit dem zweiten Teil von „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“ kommt die Mammutreihe zu einem würdigen Ende.

Am Ende liegt alles in Trümmern: der Säulengang, der Festsaal, der Innenhof, die Klassenräume. Das Quidditch-Feld steht in Flammen, niedergeschlagen klopft Neville Longbottom eine dicke Staubschicht vom sprechenden Hut. Die Schlacht um Hogwarts, das Zauberinternat, das für Harry Potter in den ersten Teilen der Reihe der Inbegriff von Wärme und Geborgenheit war, verwandelt die kindgerechte Idylle in Geröll, Asche und geborstenes Inventar.

Dem Briten David Yates, der seit dem fünften Film, dem „Orden des Phönix“, Regie führt, gelingt mit dem großen Finale der aufwendigsten Filmreihe aller Zeiten ein kompakter Schlussakkord. In zwei Teile hatten die Produzenten den letzten Band, „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“, splitten lassen. Was prinzipiell als reine Geldschneiderei gedacht war, entpuppte sich künstlerisch als Glücksfall. Endlich näherte sich das Erzähltempo auf der Leinwand der Detailverliebtheit der Vorlagen an. Flirts und Kabbeleien zwischen den Hauptfiguren waren nicht mehr nur gehetztes Beiwerk.

Während der erste Teil des Finales ein eindringliches Kammerspiel im Wald war, finden nun die vielen losen Enden, die Joanne K. Rowling über die Bände verstreut hatte, in Hogwarts zu einem sinnhaften Ende: das Geheimnis von Mr. Olivanders Zauberstäben, die wahren Motive von Professor Dumbledore, Harrys Verbindung zu Professor Snape, das Innenleben des Snitchs, den Harry bei seinem ersten Quidditch-Spiel gefangen hat.

Wo viel erklärt wird, muss auch viel geredet werden. Dank spannender Dialoge gerät dieser erhöhte Erläuterungsbedarf aber nicht zur trockenen Vortragsreihe, sondern markiert atmosphärische Ruhepausen zwischen den bildgewaltigen Kampfszenen.

Alles läuft auf die Begegnung zwischen Harry (Daniel Radcliffe) und seiner Nemesis Voldemort (Ralph Fiennes) hinaus. Um eine Chance zu haben, ihn besiegen zu können, müssen Harry und seine Freunde Hermine (Emma Watson) und Ron (Rupert Grint) die drei letzten Horkruxe finden — jene Gegenstände, auf die der dunkle Lord seine Seele verteilt hat. Der erste Pfad führt sie nach Gringotts, der Bank aller Zauberer, bewacht von raffgierigen, bürokratisch verblendeten Kobolden.

Auch hier, im halsbrecherischen Einbruch in die Bank, kommt die sanfte Systemkritik zum Ausdruck, mit der Rowling sämtliche Institutionen ihres erdachten Märchenkosmos mit der Wirklichkeit spiegelt: Hier ist es das Finanzwesen als unkontrollierbare Parallelwelt, die auf Außenstehende wie ein streng bewachtes Labyrinth wirkt.

Auch dass ausgerechnet die Schule als Schauplatz des finalen Kampfs dient, ist kein Zufall. Bildung ist der Schlüssel zur Aufklärung und schützt vor totalitären Strukturen, diese Leitlinie zieht sich wie ein roter Faden durch Bücher und Filme. Nichts wäre daher schützenswerter als der Erhalt des altehrwürdigen Zaubereiinternats. Dass Voldemort es in Schutt und Asche legt, können die Zauberer, die auf der guten Seite stehen, nicht verhindern. Sie sorgen aber dafür, dass es die richtigen Leute sind, die die Schule wieder aufbauen.

Wertung: 4/5 Punkte

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