Ein Haus für alle Bürger

Möglichst bald soll ein „Europäisches Haus der Geschichte“ realisiert werden.

Brüssel. Wer weiß, dass der Europatag am 9. Mai gefeiert wird? Wer hat von den Römischen Verträgen gehört? Und wer hat sich einmal Gedanken darüber gemacht, was Europa eigentlich ausmacht? Jedes EU-Land pflegt das Wissen über seine Vergangenheit für sich, ein gemeinsames Museum gibt es bislang nicht.

Das soll sich nun ändern: Um die EU-Bürger neugierig auf Europa zu machen, wird in absehbarer Zeit ein "Europäisches Haus der Geschichte" seine Pforten öffenen. Zum Jahreswechsel hat das EU-Parlament das ehrgeizige Projekt abgesegnet, das Parlaments-Präsident Hans-Gert Pöttering (CDU) vor rund zwei Jahren angestoßen hatte.

Professor Hans Walter Hütter, Präsident der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, ist mit acht Experten bei der Planung dabei und hat sich ehrgeizige Ziele gesteckt: "Es soll ein Museum für den europäischen Alltagsmenschen werden" sagt er. "Die Menschen sollen nicht nur über EU-Vorgaben zum Krümmungsgrad von Bananen schimpfen, sondern verstehen, was ein vereintes Europa wirklich ausmacht."

Statt trockener Daten und Fakten wird es Historie zum Anfassen geben - ähnlich wie im Bonner Haus der Geschichte. Dort ist Konrad Adenauers erster Dienstmercedes zu bestaunen, ebenso wie Teile des ersten Deutschen Bundestags, ein Original-Kino aus den fünfziger Jahren oder ein Wasserwerfer aus den Straßenschlachten der 68er Jahre.

Im europäischen Gegenstück sollen Prominente ebenso zu Wort kommen wie ganz normale Durchschnittseuropäer. Denkbar sind neben einer Dauerausstellung und einem Info-Zentrum auch Aktionen in den 27 EU-Ländern, außerdem könnte es Arbeitsmöglichkeiten für Studenten und junge Wissenschaftler geben.

Hütter ist optimistisch, dass das Haus schon in vier Jahren stehen kann. Ein geeignetes Gebäude im Brüsseler EU-Viertel biete sich an - nun gehe es an die Detailfragen, auch die Verteilung der Kosten müsse noch geklärt werden.

Einig sind sich die Experten bereits darüber, dass die jüngere Geschichte, das 20. Jahrhundert, im Mittelpunkt stehen soll - vor allem die Zeit vom Ersten Weltkrieg bis zum Ende des Kalten Krieges. Dabei spielt vor allem die Gründung der EU eine große Rolle. Aber auch die gemeinsamen Wurzeln der Europäer sollen ausführlich beleuchtet werden: das Christentum, die Antike und die geistigen Strömungen bis zur Gegenwart, die lateinische Sprache und ihre Weiterentwicklung.

Am Ende könnte sich so etwas wie ein europäisches Bewusstsein entwickeln, hofft Hütter. Die Besucher sollen erkennen, dass es trotz der nationalen Unterschiede auch eine europäische Identität gibt. "Wir haben viel mehr Gemeinsamkeiten als wir denken", sagt er. "Wir müssen sie nur richtig entdecken."

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