Die Wurfbude in der alternativen Szene

Besuch bei Damenundherren, Metzgerei Schnitzel und Galerie Pretty Portal.

Düsseldorf. Der Damenundherren kunstverein, Oberbilker Allee 35, rennt gegen die Kunst im „heiligen Kapitalismus“ an, baut eine Wurfbude auf und hält für den Abend jede Menge Sahnetorten bereit. Drei Euro kostet das Tortenstück, es ist zum Verzehr oder zur Publikumsbelustigung gedacht.

In der Wurfbude warten jedenfalls Pappköpfe von lebenden und verblichenen Akademieprofessoren darauf, mit den Kalorienbomben beworfen zu werden. Vorsicht ist aber auch bei den Alternativkünstlern die Mutter der Porzellankiste: Vor der Wurfbude wird Stroh ausgelegt.

Die 120 Mitglieder des Kunstvereins Metzgerei Schnitzel, Bilker Allee 233, taugen stets für Überraschungen, seit sie mit einer 101 Meter langen vegetarischen Wurst den ersten Guinness-Weltrekord nach Düsseldorf holten.

Nun laden sie das Kunsthaus Pushkinskaya 10 aus St. Petersburg ein, das ähnlich nonkonformistisch arbeitet wie sie selbst. In einer Fotoausstellung wird die Geschichte dieser kampfbereiten russischen Kultureinrichtung dokumentiert. Dazu spielt der Petersburger Musiker und Fotograf Dmitrij Schubin am E-Piano und an weiteren elektronischen Instrumenten.

Wer wissen möchte, wie ein Graffitikünstler von heute arbeitet, sollte sich in der Galerie Pretty Portal an der Brunnenstraße 12 umschauen — einer Galerie für „Urban Art“, also Kunst in der Stadt.

Deren Akteure stehen längst nicht mehr mit der Spraydose vor den Häuserfassaden. Sie machen vielfach ihre Arbeiten auf Papier, drucken sie groß aus oder entwickeln Schablonen, mit denen sie auf der Straße arbeiten. Pretty Portal zeigt verschiedene Techniken von Künstlern wie den Düsseldorfern Roman Klonek, Decycle und L.E.T.

Der „Reinraum“ am Jahnplatz ist allein schon als Location einen Besuch wert. Es handelt sich nämlich um eine ehemalige unterirdische Toilettenanlage. Zwischen Kacheln und Schüsseln, Waschbecken und Urinal, alles pieksauber und geruchsneutral, werden alle bisherigen Ausstellungen dokumentiert.

Wo früher Hosenschlitze geöffnet und Röcke gerafft wurden, kann man in Reih und Glied die Porträts der Besucher aus zwölf Jahren betrachten. Da der unterirdische Raum eng bemessen ist, spielen darüber Elektropunker unter freiem Himmel.

Im Hinterhof der Birkenstraße 47 sitzt seit kurzem die Filmwerkstatt. Zur langen Nacht läuft als deutsche Erstaufführung der Dreiminüter „Auroratone“ in Endlosschleife, eine Rarität visueller Musik aus den 40er Jahren.

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