Der Rasen als Kunstobjekt

Bundesrasenschau: Ralf Witthaus installiert im Kölner Grüngürtel bis Oktober ein schnittiges Kunstwerk, das sich über zwölf Kilometer erstreckt.

Köln. Für die zahlreichen Schaulustigen im Kölner Rheinpark ist das Spektakel auf dem Rasen nicht auf Anhieb als Kulturereignis erkennbar. "Was machen die Männer da?," will ein kleiner Junge von seinem Vater wissen. Und der antwortet knapp: "Die mähen den Rasen, aber ziemlich heftig."

Und tatsächlich wächst dort, wo Ralf Witthaus und sein Team arbeiten, im wahrsten Sinne des Wortes erst mal kein Gras mehr. Dieses wird mit dem Rasentrimmer oder Motormäher kurz über der Grasnarbe abrasiert.

"Für mich ersetzt der Rasenmäher den Bleistift", erklärt der Kölner Künstler, der sein gestern gestartetes Projekt selbstbewusst "Bundesrasenschau" nennt.

"Damit lehnen wir uns an die erste Bundesgartenschau an, die 1957 hier im Rheinpark stattgefunden hat", sagt der 36-Jährige, der seit zwölf Jahren mit dem Rasenmäher zeichnet. So hat er in Leipzig ein komplettes Wagner-Festspielhaus im Rasen gestaltet.

In Köln schneidet er einen gut drei Meter breiten Weg aus dem Rasen. Das Projekt erstreckt sich zwölf Kilometer über den Inneren Grüngürtel.

Jede Richtungsänderung markieren Witthaus und seine 60 Helfer mit einem je 4,50 Meter langen Abzweig im 90-Grad-Winkel nach rechts und links. "Insgesamt mähen wir eine Fläche von etwa 21 000 Quadratmetern."

Sein Anliegen ist es, den Betrachtern den Grüngürtel als außergewöhnliche Parkanlage bewusst zu machen. "Ich möchte durch meine Zeichnungen das Besondere an solchen Orten herauskitzeln und den Menschen klarmachen, dass dieser Grüngürtel in seinem Umfang und seiner Lage in Europa einzigartig ist", sagt Witthaus.

Er will auch auf Lücken im Grün aufmerksam zu machen. Diese sollen nach den Plänen der Stadt allmählich geschlossen werden. So etwa auf der Fläche des Großmarkts im Kölner Süden.

Joachim Bauer, Leiter des Grünflächenamtes, stellt in Aussicht: "Wir können dort die Grünfläche linksrheinisch in Richtung Rhein erweitern. Das könnte auch in Form einer weiteren Bundesgartenschau in Köln geschehen."

Witthaus plant, pro Tag etwa 250 Meter voranzukommen. "Da wir am Wochenende und bei Regen nicht arbeiten, rechne ich damit, dass wir Anfang Oktober wieder im Rheinpark ankommen."

Dass man dann den Anfang des Kunstwerks kaum noch erkennen kann, stört den Mann am Rasentrimmer nicht. "Die Bundesrasenschau ist ein Kunstwerk, das in Bewegung bleibt und das man durch Bewegung erwandern kann." Der Rasen regeneriere sich im übrigen vollständig.

Dass er das zur Kunst macht, was andere Menschen als lästige Gartenarbeit ansehen, bestätigt Witthaus in seinem Tun. "Wir tragen bewusst elegante Kleidung wie schwarze Hosen und weiße Hemden. Damit machen wir den Arbeitstag zu einem Festtag."

Auf Hinweise zu seinem Werk verzichtet Witthaus. "Ich möchte, dass die Menschen der Kunst unvoreingenommen begegnen und nicht wie im Museum erst lesen, was sie später sehen sollen."

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