Ildikó von Kürthy Buchvorstellung: Der Hund als Spiegel der Seele - eine Liebeerklärung

Autorin Ildikó von Kürthy stellte im Düsseldorfer Savoy Theater ihr aktuelles Buch „Hilde“, eine Liebeserklärung an ihre Hündin, vor. Prominente Unterstützung erhielt sie dabei von Fernsehlegende Harald Schmidt.

Ildikó von Kürthy: Buchvorstellung: Der Hund als Spiegel der Seele - eine Liebeerklärung
Foto: Christoph Schmidt/dpa

Düsseldorf. Es gibt Dinge im Leben, die können nur Hundebesitzer wirklich nachvollziehen: Die grenzdebile Glückseligkeit von Herrchen oder Frauchen, wenn der Vierbeiner einem zur Begrüßung beherzt durchs Gesicht schleckt, der Spannungsmoment, wenn man den Raum auf geruchsintensive Hinterlassenschaften seines Lieblings abschnüffeln darf. Oder die heimlichen Konkurrenzgedanken auf dem Hundeplatz, wo mancher der festen Überzeugung ist, dass die eigene Promenadenmischung dem Zucht-Retriever der Nachbarin ästhetisch und charakterlich weit überlegen ist.

Ildikó von Kürthy stellte in Düsseldorf ihr neues Buch vor .

Ildikó von Kürthy stellte in Düsseldorf ihr neues Buch vor .

Foto: Georg Wendt

All diese Erfahrungen sind der Autorin Ildikó von Kürthy wohl vertraut. Mehr noch, sie hat ein Buch darüber geschrieben. „Hilde — Mein neues Leben als Frauchen“ heißt ihr aktuelles Werk und ist eine humorvolle Liebeserklärung an ihre gleichnamige Doodledame, die ihr Herz im Sturm erobert hat. Jetzt stellte sie die Lektüre bei einer Lesung im Düsseldorfer Savoy Theater vor und erhielt dabei prominente Unterstützung: Kein geringerer als Fernsehlegende Harald Schmidt gab sich die Ehre, um gemeinsam mit von Kürthy einige Passagen aus „Hilde“ zu lesen.

Nun gehört Schmidt zu der Sorte Entertainer, die ein Veranstalter auch getrost zum Vortragen des Telefonbuchs auf die Bühne stellen könnte und er würde doch sein Publikum begeistern. Im Herzen immer eher ein Mensch des Theaters als des Fernsehens gewesen, hat Schmidt auch an diesem Abend nichts von seinem Improvisationstalent und seinem tiefschwarzen Sarkasmus eingebüßt.

In einem hautfarbenen Jogginganzug und Tupfen-Bademantel schlurft er auf die Bühne und treibt einen imaginären Boxer namens „Agamenon“ vor sich her. Das bedauernswerte Tier ist in Ballonseide gewandet, hört auf die eurythmisch getanzten Kommandos seines Besitzers und ist — damit wir uns richtig verstehen — auf gar keinen Fall dick. Er hat nur schwere Knochen.

Auf der Hundewiese trifft „Frau Schmidt“ (der Moderator liest im Dialog den Part einer Frau) auf eine nicht minder schrullige Ildikó von Kürthy, die ein wachsames Auge darauf hat, dass Agamemnon sich nicht im Testosteronrausch an ihrer sensiblen Hilde vergreifen möge. Stets bewaffnet ist sie dabei mit einem „Kotgreifer“, mit dem sie Hildes Häufchen gewissenhaft in den Abfall befördert. „Kot spielt in meinem Leben plötzlich eine große Rolle“, sagt das frischgebackene Frauchen in einem Moment kontemplativer Selbstreflexion und gesteht: „Hilde und ich menstruieren sogar zusammen.“

Auf der Hundewiese entspinnen sich derweil tiefenphilosophische Gespräche über organisch abbaubare Kotbeutel mit Fichtennadelduft, schmackhafte Bullenhodenkekse als Leckerli und die jüngsten Erfolge in der AOS-Gruppe. Für die Unwissenden: AOS ist eine Strömung in der Hundeerziehung und steht für „artgerecht und ohne Strafen“.

Woran man ein mustergültiges Hundehäufchen erkennt? „Gesunden Kot können Sie mit zwei Fingern werfen!“ erklärt Schmidt mit dem gebotenen wissenschaftlichen Duktus und wirft zu Anschauungszwecken ein paar griffige Exemplare ins Publikum. „Das ist mein Text, Herr Schmidt!“ weist von Kürthy ihren Bühnenpartner stellenweise streng zurecht, der daraufhin mäkelt: „Das ist ja wie damals bei Pocher!“ Und: „Komödie ist, wenn unten mehr gelacht wird als oben.“

Abseits des Hundethemas wagen von Kürthy und Schmidt einen nostalgisch verklärten Ausflug in die 80er-Jahre — die gute alte Zeit, als man in Kassetten noch „Bandsalat“ hatte, unterwegs mit dem Auto anhielt, um nach dem Weg zu fragen und Sätze über die Lippen brachte wie: „Ich geh’ kaputt — gehste mit?“ Textsicher kann auch das Publikum noch so manche Werbemelodie mitsingen, die sich in der Ära Kohl irreversibel in unser Gedächtnis gebrannt hat.

Und weil die 80er nicht erst seit Freitag vorbei sind, schlägt von Kürthy in ihrem Buch einen Bogen zu den Gefühlen des Älterwerdens. Freimütig erzählt sie, was in ihr vorgeht, wenn ihr Sohn sie auf das „Winkfleisch“ an den Oberarmen anspricht und wie sie damit umgeht, wenn auch das beste Make-up nicht hilft, die Falten bis zum Mittag zu entknittern. Neu sind diese Themen aus dem Reich der Frauenzeitschriften vielleicht nicht — dank von Kürthys entwaffnender Selbstironie aber durchaus amüsant.

Schmidt und von Kürthy spielen sich schlagfertig die Bälle zu, so dass man ihnen gerne dabei zuschaut. Das Publikum ist vornehmlich weiblich geprägt und gibt damit für die Künstler Anlass zu Spekulationen, wer der Grund war, die Karten zu kaufen. Schmidts Feststellung, dass er endlich wieder Zuschauer hat, quittiert die Autorin knapp: „Es ist aber mein Publikum, Herr Schmidt!“

Die Frage, wer der wahre Star des Abends ist, wird am Ende der Lesung allerdings klar beantwortet: Er ist weiß, flauschig und blickt beim abschließenden Applaus mit fragenden Kugelaugen auf dem Arm seines Frauchens ins Publikum. So als ginge das Tier das alles gar nichts an. Es besteht kein Zweifel: Hilde hat es gut getroffen.

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