Yohji Yamamoto: Bayreuth? Ein Albtraum!

Künstler und Designer Yohji Yamamoto über den Grünen Hügel und die negative Veränderung der Modemetropole Paris.

Bayreuth/Berlin. Er ist seit Jahrzehnten einer der Großen der Modewelt: der Japaner Yohji Yamamoto (69). Wim Wenders drehte einen Film über ihn, die Choreografin Pina Bausch inspirierte ihn. Sein Gesicht leuchtet, als er hört, dass Deutschland dieses Jahr den 200. Geburtstag von Richard Wagner feiert: „Wagner, wow!“ 1993 entwarf Yamamoto die Kostüme für Heiner Müllers „Tristan und Isolde“ bei den Bayreuther Festspielen. Die Inszenierung wurde ausgebuht. Aber an Theaterlegende Müller scheint Yamamoto gern zu denken. Und Ruhestand? Das wäre nichts für ihn, sagte der Modeschöpfer am Rande einer Modenschau in Berlin-Kreuzberg.

Herr Yamamoto, Sie haben für Müllers „Tristan und Isolde“ in Bayreuth die Kostüme entworfen. Wie war das?

Yamamoto: Es war ein Albtraum. Ich wurde von Heiner Müller gefragt. Der kam auf einmal in mein Büro in Tokio. Meine Presseleute stürmten zu mir: „Herr Yamamoto, ein seltsamer ausländischer Herr sitzt im Presseraum.“ Sie wussten nicht, was sie machen sollten. Ich ging runter in den ersten Stock und fand einen mittelalten, sehr beeindruckenden Mann mit Brille und glänzender Stirn. Er fing an, auf Englisch zu murmeln: „Ich möchte die Bedeutung von Wagners Operngeschichte zerbrechen. Können Sie mir beim Zerbrechen helfen?“ Heiner Müller war berühmt für eine Art Avantgarde-Drama.

Also zwei Avantgardisten . . .

Yamamoto: . . . auf einmal. Wir sind am Abend Trinken gegangen, nur wir beide. Wir tranken, tranken, tranken. Harte Sachen, etwas wie Wodka, Tequila. Ohne darüber zu reden oder auszusprechen „Heiner, ich helfe dir“, habe ich angefangen, ihm zu helfen.

Die Reaktionen waren kontrovers. Waren Sie bei der Premiere dabei?

Yamamoto: Ja. Vor dem Schluss-Vorhang sagte Heiner zu mir, „Yohji, du bist der Karatemeister, also wird dir nichts passieren. Aber sei vorsichtig, sie werfen mit Tomaten oder Eiern nach dir. Sei darauf gefasst.“

Sie würden also niemals nach Bayreuth zurückkehren, um wieder so etwas zu machen?

Yamamoto: Niemals.

Sie sind schon seit Jahrzehnten als Designer in Paris, wo immer neue Namen als angesagt gelten. Hat sich die Stadt zum Besseren oder Schlechteren verändert?

Yamamoto: Zum Schlechteren. Weil das große Geld die Macht der jungen Designer kauft. . . Es ist ein bisschen langweilig geworden. Ich weiß nicht, für wen ich kämpfen oder für was ich kreieren soll. Ich fürchte, ich verliere den Sinn des Schaffens.

In Deutschland sitzt man mit 65 im Garten und ist in Rente. Wäre das etwas was für Sie?

Yamamoto: Ich kann mir das nicht vorstellen: Angeln, Lesen, Spazierengehen. Ich weiß nicht. Wenn es geht, möchte ich beim Arbeiten umfallen.

Wer war für Sie die größte Inspiration in Ihrem Leben?

Yamamoto: Pina Bausch.

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