Tanzstück „Full Body“ in Oldenburg

Oldenburg (dpa) - Der Titel stand schon ganz früh fest. Monate, bevor der Schweizer Marcel Leemann als Gastchoreograf nach Oldenburg kam, um mit der Tanzcompagnie des Staatstheaters ein Stück zu entwickeln, musste ein Name fürs Spielzeitheft her.

„Full Body“, schlug Tanzdirektor Honne Dohrmann vor: „Es war klar, weil Marcel so physisch arbeitet - das wird auf jeden Fall passen.“ Die Proben für die Produktion, die am Freitag in der Exerzierhalle uraufgeführt und im Februar in Bremen gastieren wird, begannen im November. In deren Verlauf ist ein Tanzstück entstanden, das von den Mitwirkenden tatsächlich immer wieder vollen Körpereinsatz fordert. „Wir verlangen den Tänzern viel ab. Es kommt alles vom Körper zuerst“, sagt Marcel Leemann.

„Full Body“ thematisiert die Zerrissenheit zwischen dem Wunsch nach Individualität und der Sehnsucht nach Zugehörigkeit zur Masse. Das zieht sich durchs Stück und verbindet die Bilder, die sich dem Publikum bieten. So bekommen die einzelnen Tänzer jeweils die Gelegenheit hervorzutreten, sich zu zeigen, ehe sie sich wieder in das elfköpfige, komplett in Schwarz mit Gelb gekleidete Ensemble einfügen - womit die Gruppe erneut den Ton angibt.

Texte, überwiegend von zwei mittanzenden Schauspielerinnen vorgetragen, thematisieren einerseits das Wohlgefühl des Dazugehörens, der Gemeinsamkeit, des Zusammenhaltens. Andererseits geht es aber um die Ambivalenz der Masse: „Intelligenz ist als Massenphänomen unmöglich.“

Neben den Tänzern sind auch die Requisiten fast permanent in Bewegung. Die etwa drei Meter langen hellen Holzplanken markieren auf dem dunklen Bühnenboden mal eine Spirale, mal Quadrate, mal bilden sie einen Straßenrand. Dann wieder schieben die Tänzer sie zwischen sich hin und her oder heben sie gemeinsam hoch und lassen sie herunterprasseln. Auch der Glaskasten im Telefonzellenformat lässt sich variabel einsetzen: als fahrbarer Untersatz, als Käfig oder als Schaukasten.

Erst kurz vor der Premiere zum quasi fertigen Stück hinzugekommen sind die Musik des Schweizer Komponisten Beat Halberschmidt sowie die Kostüme. Mit beidem habe er bewusst lange gewartet, sagt Choreograf Leemann. „Ich liebe es, wenn ich Zeit habe, ein Stück zu entwickeln“, schwärmt der 42-Jährige, der in Bern seine eigene Tanzcompagnie leitet.

Leemann beschreibt die Zusammenarbeit mit dem Oldenburger Ensemble als sehr lebendig: Tänzer hätten Bewegungen angeboten, die Schauspielerinnen Textteile selbst verfasst, eine Tänzerin habe ein Lied geschrieben, das sie im Stück auch singe. Auch insofern passe der Titel „Full Body“: Der umfasse für ihn neben Tanz, Sprache und voller Konzentration eben auch „das Dahinterstehen“.

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