Snow Patrol in Plauderlaune

Bei ihrem Konzert in Düsseldorf bietet die schottische Band vor 5000 Fans ein rasantes Best-of-Programm.

Düsseldorf. Vor zwei Jahren passten die Snow Patrol-Fans noch ins Düsseldorfer Stahlwerk, am Samstag mussten sie sich schon in der Philipshalle knubbeln: 5000 Anhänger der schottischen Band aus Glasgow lassen ungeduldig zwei Vorbands über sich ergehen, bis um 21.45 Uhr endlich das Licht ausgeht.

Auf die Bühne spaziert eine Band, der in Deutschland erst 2006 mit der Single "Chasing Cars" der Durchbruch gelang - da hatten sie sich schon zwölf Jahre im Musikgeschäft abgerackert, und keines ihrer drei ersten Alben hatte es in die Top 100 geschafft. Vergeben und vergessen.

Snow Patrol wissen, wie sie bei ihren bunt gemischten Fans schon zu Beginn der "Take Back the Cities"-Tour die Emotionen kitzeln: Auf einer großen Leinwand erscheinen die deutschen Städte, in denen sie bisher spielten.

Darunter steht in Englisch: All diese Orte fühlen sich heimisch an. Dann wird die Leinwand wieder schwarz und eine unsichtbare Hand schreibt: "Jetzt: Düsseldorf". Die Ü-Striche sind rote Herzen, die Fans johlen, und dann füllen die ersten Takte von "If There’s a Rocket Tie me to it" die Halle.

Snow Patrol bieten in anderthalb Stunden ein rasantes Best-Of ihrer bisherigen Karriere und dem aktuellen Album "A Hundred Million Suns". Ihre Songs reichen von Kuschelrock über Pop bis zu Alternative und Indie. Einer der Höhepunkte der Show ist der britische Charterfolg "Run". Sänger und Songschreiber Gary Lightbody spielt das Lied zunächst mit viel Stimme, wenig Gitarre und Spotlicht fast schon intim an.

Dann huschen plötzlich auch die anderen vier Bandmitglieder im Dunkeln auf die Bühne und starten ein musikalisches Feuerwerk - wem da keine Gänsehaut über die Arme wandert, der hat ein Herz aus Stein. Auch Lightbody ist danach offenbar ergriffen vom lauten Jubel der Fans und sagt: "This is the most fucking fun I’ve had in ages", was soviel heißt wie: Ich hatte schon sehr lange nicht mehr solchen Spaß.

Doch der Stachel des Misserfolgs piekt offenbar noch immer, wenn Lightbody alte Songs schelmisch damit ankündigt, dass sie vermutlich niemand kennt, und man ihm doch bitte Bescheid sagen soll, bevor man sich langweilt. Überhaupt gibt sich Lightbody an diesem Abend sehr redselig.

Wobei dem schnellen Englisch mit schottischem Akzent nicht jeder folgen kann, und die Anekdoten auch recht krude sind. Der Kommentar aus dem Publikum lässt nicht lange auf sich warten: "Jetzt hau rein, ey", schreit einer nach vorne. Großes Gelächter, und tatsächlich greift Lightbody wieder zur Gitarre.

Doch der Frontmann holt sich die Sympathien schnell zurück, als er aus dem Lied "Shut Your Eyes" einen Mitmachzirkus macht und sogar die Lautstärke des Chorgesangs aus dem Publikum dirigieren will. Anschließend bittet er die Düsseldorfer noch, gleichzeitig "Hello" zu rufen und kündigt an, diesen Gruß aus 5000 Kehlen künftig in seinen Wecker zu integrieren, "denn wir zeichnen die Show heute auf".

Lightbody, der sein Privatleben erfolgreich aus der Öffentlichkeit heraushält und nicht gerade für Exzesse bekannt ist, deklariert den Gruß kurzerhand als sein persönliches "Word-Crack" (Wort-Droge). Er bringt das Konzert genauso berauscht wie seine Fans zu Ende.

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