Patricia Kaas — dunkle Stimme eines bewegten Lebens

Die französische Sängerin ist auf Tour und begeistert das Publikum in der ausverkauften Alten Oper Frankfurt.

Das Publikum in Deutschlandbleibt der französischenSängerin Patricia Kaastreu.

Das Publikum in Deutschlandbleibt der französischenSängerin Patricia Kaastreu.

Foto: Marijan Murat

Frankfurt. Sie ist berühmt für ihr dunkles, rauchiges Timbre, die französische, aus dem Saarland stammende Sängerin Patricia Kaas. Das ist ihr Markenzeichen schon seit drei Jahrzehnten. Die sportlich-schlanke Frau mit den halblangen blonden Strähnchen feiert mit einem neuen Showprogramm und einem neuen Album ihr Comeback nach privaten Krisenzeiten und künstlerischem Burnout. Das Publikum blieb ihr treu, wie sich zumindest gerade in der an zwei Abenden ausverkauften Alten Oper Frankfurt zeigte.

„Es ist nicht leicht, eine Frau zu sein, finden Sie nicht auch?“, fragt Patricia Kaas in den vollen Saal hinein. „Adèle“ heißt der bekannte Song, den sie mit diesem Satz umschrieb. Adèle sei ein junges Mädchen, das noch seinen Weg finden müsse, erklärt die Tochter eines französischen Bergmanns und einer Deutschen. Früh begann die Karriere der Patricia Kaas, ebenso früh setzte auch die Erfahrung von Entbehrung ein, verlor sie doch bereits vor Jahren ihre Eltern und ihren Bruder. „Adèle“ und viele andere Songs stecken zwar voller Energie und Leidenschaft, sind aber überschattet von Melancholie. Fast alle Songs sind in Moll-Tonarten gehalten und strahlen dennoch ein starkes Bekenntnis zum Leben aus, nach dem sie mit expressiven Armbewegungen während des Singens buchstäblich zu greifen scheint.

Ihr Bühnenauftritt ist perfekt inszeniert mit einstudierter Choreografie, facettenreichem Scheinwerferspiel und einer fünfköpfigen Band, von der sie musikalisch sozusagen auf Händen getragen wird. Die instrumentalen Vorspiele klingen zuweilen infernalisch, aber mehr wie Implosionen als wie extrovertierte Ausbrüche. Heiter beschwingt ist keines der Lieder, auch wenn der Rhythmus kraftvoll in Erscheinung tritt. Unterdessen sind alle Liedtexte französischsprachig, doch Kaas spricht fließend Deutsch zum Publikum.

120 Minuten ohne Pause dauert der sängerische Parforceritt inklusive Zugaben und ausführlicher Vorstellung jedes einzelnen Bandmitglieds. So beeindruckend auch Stimme, Ausdruck und Bühnenpräsenz von Patricia Kaas sind, gibt es wenig Überraschendes. Von der Art her ähneln sich die Songs, die eine Mischung aus Chanson, Rock, Pop und Jazz sind. Doch ihre zahlreichen Fans jubeln mehr und mehr und erklatschen sich Zugaben, die allerdings alle gut vorbereitet und inszeniert sind.

„Lieder wie ‚Adèle’ sind mehr das, was ich heute bin“, sagte Kaas beim Hintergrundgespräch in ihrer Künstlergarderobe. Songs wie „Madame Tout Le Monde“ passten mehr zu ihr, als sie noch ganz jung gewesen sei. „Über Liebe singt man mit 50 anders, als man es mit 20 tat“, stellt die gereifte Künstlerin klar. Sie spricht mit ihrer Bronzestimme, die auch in der Konversation jenseits der Bühne unglaublich reizvoll klingt. Nicht nur beim Singen, auch beim Reden auf Deutsch mit französischem Akzent schwingt in ihrem Timbre gelebtes Leben mit. Die Krise wolle sie derweil gar nicht missen, ja sie hätte besser noch früher eintreten sollen, sagt die Künstlerin. „Das Burnout änderte viel am Blick auf mich selbst.“ Heute habe sie viel mehr Mut, Themen in ihren Songs zu berühren, an die sie sich früher niemals herangewagt hätte.

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