Magische Momente, die man sonst nicht sieht

Das Museum Bochum führt in die Welten des Bausch-Bühnenbildners Peter Pabst.

Bochum. Gleich am Museumseingang wird man von den Traum-Räumen des Bühnenbildners Peter Pabst umfangen: Ein riesiges Feld aus rosa Nelken, das nur im Storchengang zu durchmessen ist. Ein gleißend weißer Raum, auf dessen Wände übergroße Tanzszenen projiziert werden. Eine Wiesenlandschaft mit einem Reh im verrauchten Halbdunkel. Ein nebliger Raum voll mit schwerem Ackerboden.

An den Wänden, im Wasser, zurückgelassen im Schnee, verschränkt mit den Räumen, übergroß oder in mittleren Formaten die großartigen, dynamischen Fotografien von Guy Delahaye in strengem Schwarzweiß, und, wie der Künstler bei der Preview der Ausstellung betonte, "echte, selbstgemachte Abzüge, keine Digitalprints".

Seit 28 Jahren begleitet und dokumentiert der französische Fotograf die Arbeit des Wuppertaler Tanztheaters und macht, wie er sagt, manchmal auch die Momente sichtbar, "die man sonst nicht sieht".

Das aufwändige Ausstellungsprojekt - beispielhaft sei der Verbrauch von 5.400 Kunstblumen, 25 Tonnen Bittersalz, 5.000 Litern Wasser und 120 Fotoabzügen genannt - war, wie der Hausherr des Museums Bochum Hans Günter Golinski betonte, nur im Schulterschluss mit der Sparkasse Bochum möglich.

Die Erlebnisräume, die im Museum Bochum zu bestaunen, zu erobern und zum Teil mühsam zu durchwandern sind, sind ein überraschendes, sinnliches Gesamtkunstwerk, das Ergebnis einer 28-jährigen künstlerischen Zusammenarbeit zwischen Pina Bausch, Peter Pabst und Guy Delahaye.

"Es ist ein Geschenk, jemanden zu treffen, mit dem es über so lange Zeit geht," sagt Peter Pabst über die Arbeit mit der weltberühmten Choreografin aus Wuppertal, für die er jedes Jahr ein neues Bühnenbild entwirft, "und es geht immer noch weiter. Es ist immer wieder eine offene Unternehmung, es gibt kein System oder Modell, nach dem wir arbeiten, es entsteht einfach."

Die für langjährige Besucher der Vorstellungen des Wuppertaler Tanztheaters vertrauten Bühnenbilder von Peter Pabst - magische, surreale Räume zwischen Naturalismus und verzauberten Seelenwelten - verändern im Museumsumfeld auf seltsame Weise ihre Qualität. Plötzlich ist man mittendrin, die Materialität der Böden rückt ins Blickfeld.

Es wird erfahrbar, dass das scheinbar schwerelose Agieren des Weltklasse-Ensembles von Pina Bausch sich zuweilen - wie im Fall des Kunststoff-Schnees oder des Ackerbodens - auf unwegsamem, sperrigem Grund abspielt, dann wieder auf einer atmenden, duftenden, tröstlichen Rasenfläche mit Büschen und Reh im traulichen Dämmerlicht.

Mitten in den Vorbereitungen zum "Fest mit Pina", dem Wochenende beginnenden dreiwöchigen Internationalen Tanzfestival NRW, ließen es sich die Prinzipalin des Tanztheaters und ihr Ensemble nicht nehmen, Pabst und Delahaye zur Preview mit einer Performance ihre Referenz zu erweisen.

Zu leiser Musik bewegten sich die Tänzerinnen und Tänzer durch die Räume ihres Welttheaters, verschwanden hinter Gazeschleiern, pflegten das Gras, schälten Kartoffeln, spielten Akkordeon im Nelkenfeld, lehnten an den Wänden, träumten sich durch das mythische Universum jenseits der Zeit.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort