Festspielhaus: Kampf für Beethovenhalle

In Bonn kämpft eine Initiative gegen den Abriss des Baudenkmals, das einem modernen Glaspalast weichen soll.

Bonn. Das Bild hängt schief - irgendwie. Doch der Betrachter ist einer optischen Täuschung aufgesessen: Es ist die Decke, die schief hängt im Foyer der Beethovenhalle, nicht das Wandgemälde von Joseph Faßbender. Dahinter steckt Absicht: "In der ganzen Beethovenhalle findet sich so gut wie kein rechter Winkel, entsprechend dem hier angewandten Prinzip des organischen Bauens", sagt Constanze Moneke.

Die 26-jährige Studentin der Kunstgeschichte muss es wissen, denn sie führt im Wechsel mit ihren Kommilitonen Martin Bredenbeck und Martin Neubacher seit einem halben Jahr Besucher durch die Halle, um ihnen die verborgenen architektonischen Schätze des Ende der 50er Jahre von Siegfried Wolske errichteten Bauwerks nahezubringen.

Die Führungen stoßen auf breites Interesse und sind Teil des kreativen Widerstands, den die Studenten von Professorin Hiltrud Kier am Kunsthistorischen Institut der Uni Bonn leisten, nachdem im Februar 2009 bekannt wurde, dass die seit 1990 unter Denkmalschutz stehende Halle abgerissen werden soll. Dafür soll das neue Beethoven-Festspielhaus entstehen.

Neben einem offenen Brief an die damalige Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann organisierten sie zum 50-jährigen Bestehen der Beethovenhalle 2009 unter anderem in Verbindung mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz ein Fest-Kolloquium, das bundesweit Beachtung fand.

Bei den Befürwortern des Festspielhauses, organisiert im eigens gegründeten Verein der "Festspielhausfreunde", machen sich die Studenten mit ihrem Engagement nicht gerade beliebt. Denn die Vereinsmitglieder sähen an Stelle der baulich und akustisch als entbehrlich geschmähten Halle gerne einen von Post, Postbank und Telekom spendierten millionenschweren Musiktempel verwirklicht.

Die Siegerentwürfe von Zaha Hadid und Hermann & Valentiny versprechen einen spektakulären Glaspalast, der die prominente Rheinlage der Beethovenhalle beansprucht. Der Herabwürdigung des mit architektonischer Schlichtheit bestechenden Baudenkmals begegnen Constanze Moneke und ihre Mitstreiter mit schlichter wissenschaftlicher Aufklärungsarbeit. Getreu dem Motto, dass man nur würdigen kann, was man auch kennt, wollen sie den Bonnern "ihre" Beethovenhalle näher bringen, deren Formensprache neu entschlüsseln und vermitteln.

"Die wenigsten wissen, wieviel Liebe zum Detail in diesem Bauwerk steckt und wie sensibel es auf sein Umfeld hin geplant wurde", sagt Constanze Moneke. Gerade auf die feinen Details kommt es in der Beethovenhalle an. Der erst 29-jährige Architekt Siegfried Wolske hatte 1954 einen Bau entworfen, der damals für seine mutige Modernität bewundert wurde und der bewusst nicht auf Prunk und Außenwirkung ausgerichtet war.

Dafür wurde im Inneren mit wertvollen Materialien nicht gegeizt, wie etwa dem großen Relief von Joseph Faßbender, das aus Dukatengold besteht und aufwendig mit Achat auf die Wand des Konzertsaales aufgeschliffen wurde. Die Saaltüren bestehen aus aufwendig bearbeitetem Ebenholz, die Handläufe aus Siam-Teak. Italienischer Carrara-Marmor ummantelt die Säulen des Foyers.

"Vieles hier entspricht in seiner Formsprache vielleicht nicht mehr unserem Zeitgeist und unseren Sehgewohnheiten", gibt Moneke zu bedenken. "Aber die Mühe, die auf die Ausgestaltung verwandt worden ist, sagt ja manchmal viel mehr über die Qualität aus." Noch hat die Stadt keinen Abrissantrag für die "Heimathalle" des Bonner Beethovenorchesters gestellt. Doch die Studenten wollen wachsam bleiben.

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