Erstes Theaterstück von Ethan Coen gefeiert

New York (dpa) - Alles ist anders an diesem Abend: Star-Regisseur Ethan Coen (55) in einem Mini-Alleingang - mal ohne seinen Bruder Joel (58), mal nicht auf der Leinwand mit großem Hollywood-Aufwand hinter einer millionenschweren Filmproduktion und Weltstars in den Hauptrollen.

Sondern auf einer kleinen Bühne in einer umgebauten Kirche im New Yorker Szene-Viertel Chelsea und mit vier international recht unbekannten Schauspielern. „Women or Nothing“, Coens erstes Theaterstück, war mit Spannung erwartet worden - und wurde von den Zuschauern am Montagabend (Ortszeit) begeistert aufgenommen.

Auf der Bühne ist ein typisches New Yorker Apartment aufgebaut. Hinter den Feuerleitern vor den kleinen Fenstern regnet es das ganze Stück lang durch. In dieser Wohnung leben Gretchen und Laura, ein lesbisches Paar, das sich seit langem ein Baby wünscht.

Das Problem: Gretchen kann keine Kinder bekommen, will aber auch keinen anonymen Samenspender als Vater. Laura auf der anderen Seite will eigentlich grundsätzlich keinen Mann an sich heranlassen, aber Gretchen schafft es, sie zu einem wie zufällig eingefädelten Abendessen mit ihrem Kollegen Chuck zu überreden. Bei diesem Anlass soll Chuck zum Kindsvater werden - und später nie davon erfahren.

Ein kompliziertes Beziehungsgeflecht, das Coen da aufgebaut hat, und bei dem das Chaos natürlich nicht ausbleibt. An den typischen Ton der Coen-Brüder, voll dunklem Humor und merkwürdig-surreal-verrückten Handlungssträngen und Wendungen, erinnert in „Women or Nothing“ allerdings wenig.

Das Stück ist witzig-unterhaltend mit rasanten Dialogen und guten Schauspielern, aber ohne den ganz großen Tiefgang. „Boulevard-Theater“, hatte Coen, der gemeinsam mit seinem Bruder Joel als eines der bekanntesten und erfolgreichsten Film-Duos weltweit gilt, selbst jüngst in einem Interview gewitzelt. Er werde wohl kommerziell.

Das Atlantic Theater, das das Stück auf die Bühne brachte, verlängerte wegen der großen Nachfrage die Laufzeit gerade bis zum 13. Oktober.

Ist das der Anfang einer neuen Karriere am Theater für Coen? Nach der Arbeit als Regisseur, Produzent und Drehbuchautor, Erfolgsfilmen wie „Fargo“, „The Big Lebowski“, „O Brother, Where Art Thou? - Eine Mississippi-Odyssee“, „No Country for Old Men“, „Burn After Reading - Wer verbrennt sich hier die Finger?“ und dutzenden Preisen, darunter mehreren Oscars? Coen winkt ab. Theater sei für ihn Hobby und Erholung.

Und das neue Projekt der Coen-Brüder steht schließlich auch schon vor der Tür: Ende des Monats feiert ihr neuer Film, das Musik-Drama „Inside Llewyn Davis“, Premiere (deutscher Kinostart für 5. Dezember geplant). Dann wieder wie gewohnt - mit Hollywood-Stars wie Carey Mulligan und John Goodman und einer großen Premiere beim New Yorker Filmfestival.

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