Ein Tanzabend für die Götter

Die Premiere von „B.03“, in der Martin Schläpfer drei Meisterwerke vereint, war eine helle Freude.

Duisburg. Vom Tor ins Jenseits geht eine finstere Magie aus. Die silbrig schimmernden Schleier, fließend wie seidene Wasserfälle, werden die sechs Tänzer am Ende verschlungen haben. Zuvor aber begehren die beiden weiß kostümierten Frauen und die Männer gegen das Ende auf, klammern sich aneinander. Ein schwarzer Mann tanzt als Todesallegorie immer mit.

Sol Leòns und Paul Lightfoots preisgekröntes "Signing Off" ist ein bewegendes Werk über die Vergänglichkeit, die Tragik des Menschen. Sie ist jede Sekunde spürbar in Philip Glass’ dramatisch pulsierendem Violinkonzert. Die Musikschleife treibt das Geschehen an, und die fantastische Solovioline von Natasha Korsakova singt ein schmerzlich-süßes Todeslied.

Drei Meisterwerke unterschiedlicher Stilrichtungen vereint der neue Abend des Ballett am Rhein "B.03" - ein Programm ohne künstlerisches Risiko. Allein musikalisch war er eine helle Freunde dank der inspirierten Duisburger Philharmoniker unter dem Stab von Generalmusikdirektor Axel Kober. Ein Klassiker George Balanchines brachte das Publikum gleich zu Beginn in Hochstimmung. Uraufgeführt 1935 in New York, ist "Serenade" ein Ballett für die Ewigkeit, ein blauer Traum in Tüll zu Tschaikowskys gleichnamiger Komposition für Streichorchester.

"Serenade" ist ein Tanz auf dem Olymp, ein Tanz für die Götter. Auch wenn bei der Premiere der letzte Feinschliff fehlte. Ballettchef Martin Schläpfer trug seine "Reformationssymphonie" zu Mendelssohn-Bartholdys großem Orchesterwerk bei. Eine kongeniale Arbeit, die ganz in der Musik aufgeht, sie kontrapunktiert, kritisch befragt. Tastend bewegt sich das Ensemble, leider gesteckt in hässliche schwarze Trikots, über die offene, schwarze Bühne. Die Suche nach Orientierung und Erkenntnis lässt die Frauen wütend ihre Spitzenschuhe in den Boden rammen, veranlasst die Männer zu virtuosen, nie gesehenen Sprungvariationen, treibt Paare verzweifelt zueinander.

Souverän wechselt Schläpfer zwischen großen und kleinen Gruppen, Soli und Duetten. Und was für ein Finale zum Choral "Ein feste Burg ist unser Gott": Jörg Weinöhl fällt zu einem Gebet auf die Knie, zittert, schreit lautlos, hält die Hände vor das Gesicht. Am Ende liegt er am Boden. Die anderen bilden eine geschlossene Reihe, frontal zum Publikum, weichen ratlos zurück. Übt Schläpfer hier Religionskritik? Es sähe ihm ähnlich. Das Publikum ist jedenfalls begeistert.

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