Die vier vom Schrottplatz

„Die Ludolfs“ sind im Fernsehen mittlerweile Kult. Nun kommen die Brüder aus dem Westerwald auch ins Kino.

Dernbach. Kein Abendkleid, kein Smoking, kein roter Teppich und kein Champagner. Die feierliche Präsentation von "Die Ludolfs - Der Film" verweigert sich den typischen Normen solcher Veranstaltungen. Die von der Produktionsfirma so genannte Volkspremiere findet in einer leergeräumten Lagerhalle eines Reifengroßhändlers statt.

Insgesamt sind über 3000 Fans aus dem ganzen Bundesgebiet in den Westerwald angereist. Das nach Gummi riechende Ambiente passt. Der abendfüllende Streifen ist nämlich die cineastische Fortsetzung einer Fernsehserie, die bereits in der sechsten Staffel zwei Mal in der Woche zu bestaunen ist.

Die Geschichte der vier ölverschmierten Brüder vom Schrottplatz ist die erfolgreichste Produktion des Spartensenders DMAX. Im Gegensatz zu vielen inszenierten Reality-Soaps des deutschen Fernsehens kommen "Die Ludolfs" nicht nur ohne Seife aus, sondern sind auch noch authentisch. Das beweist ein Besuch am Set, der gleichzeitig Lebensmittelpunkt der vier Männer und Wohnort von zwei der vier Brüder ist.

Wie im Fernsehen und wie nun auch im Film abgebildet, steht am Ortseingang der 1000-Seelen-Gemeinde Dernbach das grellgrün gestrichene Haus. Manni, mit 46 Jahren der jüngste der Brüder, begrüßt die Fremden herzlich und führt sie ins Wohnzimmer.

Autoteile, Hausrat und Zeitungen bedecken die wenigen Möbel und den Ölofen in der Ecke. Der brüchige Linoleumboden ist an mehreren Stellen aufgerissen. "Wir spielen nichts, wir lassen uns abfilmen, wie wir sind", erklärt Manni.

Bereitwillig zeigt er die Gebirge von Schrott in der heimischen Lagerhalle, die die Autoverwerter aus dem Westerwald berühmt gemacht haben. Die ersten Fernsehbeiträge, im Jahr 2002 noch vom Südwestrundfunk produziert, zeigten, wie jene Brüder binnen kürzester Zeit aus Millionen Autoteilen das Gewünschte hervorzaubern können. Inzwischen ist das Autoverwerterquartett Kult geworden.

Dabei geht es der wachsenden Fangemeinde inzwischen weniger um die historischen Kraftfahrzeuge, die die Ludolfs liebevoll pflegen. Natürlich, das gibt so mancher Ludolfs-Fan zu, bereiten bereits die hygienischen Zustände in Haus und Hof einen wohligen Nervenkitzel. Voyeure kommen auf ihre Kosten, wenn Peter Ludolf Nudeln in lauwarmes Wasser schüttet, um sie zuzubereiten.

Aber mit all dem ist das Phänomen nicht zu erklären. Denn die Ludolfs sind inmitten ihrer rostenden Berge auch Blumenkinder. "Wir haben keine Fans, wir haben nur Freunde", spricht der korpulente Peter und breitet seine Hände über die Anwesenden wie ein Pastor beim Segensspruch.

Manchmal sind die vier Brüder sogar tatsächlich Religionsersatz. Einem bei einem Unfall ums Leben gekommenen Motorradfahrer wurde eine Radkappe von dem berühmten Autofriedhof in den Grabstein eingearbeitet, berichtet Peter.

Neben den beiden jüngeren Brüdern Peter und Manni, die viel erzählen, beeindrucken auch die älteren Ludolf-Brüder Uwe und Günter. Gerade der schweigsame Günter, der sich fast nur von Zigaretten, Kaffee und Vitamintabletten ernährt, spielt im Kinofilm eine tragende Rolle. Berührend ist die Szene, in der der 56-Jährige das erste Mal in seinem Leben das Mittelmeer sieht und daraufhin barfuß durch die Fluten läuft.

Aber auch im heimischen Dernbach erscheinen die vier Brüder als letzte Bastion der Männeremanzipation. Ganze Kerle, die ansonsten nur noch als Witzfiguren Werbung für Bausparverträge machen, bekommen gezeigt, wie ihr gelobtes Land aussehen könnte.

Nicht gestylte Püppchen und hysterische Zicken wie auf allen anderen Fernsehkanälen werden dargestellt, sondern echte Männer, ungeschminkt und ölverschmiert. Die große Freiheit, so scheint es, ist in einem kleinen Dorf an der Autobahn zwischen Frankfurt und Köln beheimatet.

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