Die Schätze der Schürmanns

88 Werke der Privatsammler bilden mit der Kunst des Hauses ein „Gespinst“ im Mönchengladbacher Museum.

Mönchengladbach. Gaby und Wilhelm Schürmann kennen sich seit er 17 und sie 16 Jahre alt waren, also von Kindesbeinen an. "Wir sind sozusagen gemeinsam auf die Welt gekommen", sagt er. Heute sind sie 62 und 63 Jahre alt, er ist Professor und Dekan an der Fachhochschule Aachen, sie ist Gymnasiallehrerin.

Beide gehören zu den berühmtesten Sammlern Deutschlands. Am Sonntag eröffnen sie eine Ausstellung, nicht in Düsseldorf, wohin sie ursprünglich ihre Sammlung versprochen haben, sondern in Mönchengladbach. Dort sind 88 von rund 1.500 Werken im Museum Abteiberg vernetzt.

Die Schürmanns sind versessen auf Kunst und schicken ihre Sammlung um die Welt, damit auch andere von ihren Schätzen begeistert sind. So zeigten sie Ausschnitte ihres Bestands vor sieben Jahren in K 21 in Düsseldorf. Die Schau am Abteiberg nennt sich "Das Gespinst", weil sich die Bilder und Skulpturen netzartig auf den drei Ebenen des Museums ausbreiten und mit der phantastischen Sammlung der Stadt Mönchengladbach kommunizieren.

Die Berliner Malerin Monika Baer hat es Schürmann angetan. "Brust" nennt sich ein Werk von ihr: Es besteht aus einem perfekt gemalten Jeansstoff und einer Brust, die einem Luftballon gleicht und aus der nicht etwa Milch, sondern Wasser tropft. Ein humorvolles Bild, das jedem Feminismus widerspricht.

Unweit davon hängt Margherita Manzellis kapitales Gemälde: Auf einem Podest liegt eine Frau mit so unglaublich ruhigen, wissenden Augen, dass der Betrachter wie gebannt davor stehen bleibt. Ihr schmaler Körper mit den durchsichtigen Adern ist von einem Tuch bedeckt, dessen Streifen an abstrakte Malerei erinnern.

1972 hatten die Schürmanns mit dem Sammeln angefangen. Da war er noch Chemiestudent in Aachen, und sie studierte Biologie, Chemie und Mathematik. Er scherte beizeiten aus und eröffnete 1973 mit dem später berühmten Galeristen Rudolf Kicken eine Fotogalerie. In den vier Jahren als Galerist war er sein bester Kunde und sah 1977 ein, dass dies nicht die beste Voraussetzung für einen Kunsthändler ist.

Schürmann wurde als Autodidakt ein erfolgreicher Fotograf und Foto-Sammler. Als er genug Aufnahmen gehortet hatte, vor allem die historische, tschechische Fotografie der 20er und 30er Jahre sowie ein Konvolut von Architekturaufnahmen, verkaufte er sie 1984 ans Getty-Museum.

Mit dem erworbenen Geld und angeregt durch Martin Kippenberger, den er seit 1982 kennt, als "Kippi" noch kein Star der Stars war, baute er eine neue, internationale, wenn auch zunächst weniger bekannte Künstler-Sammlung auf. "Kippi", dessen Werke heute unbezahlbar sind, bildet den Mittelpunkt.

Im Zentrum der Schau hängen Gerhard Richters Graue Bilder. In der Mitte des Raums aber steht ein Tischchen aus dem Interconti Hotel, und als Tischplatte dient ebenfalls ein Graues Bild von Richter.

Als Schürmann die Arbeit 2002 in K21 präsentierte, hätte sich beinahe ein Gast aufs Tischchen mit dem Richter-Bild gesetzt, so unscheinbar sah das Ensemble aus. Seitdem steht es auf einem Podest, und Schürmann reflektiert über das Verhältnis von Alltag und Kunstwelt im Museum.

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