Dada-Stück „Murmel Murmel“ an der Volksbühne

Berlin (dpa) - Dada lebt. Aus dem erstmals in Deutschland gezeigten Ein-Wort-Stück „Murmel Murmel“ machten Regisseur Herbert Fritsch und sein Schauspielerensemble am Mittwochabend ganz große Performance-Kunst.

Das Publikum feierte die Premiere in der Berliner Volksbühne mit begeistertem Applaus und zustimmendem „Murmel Murmel“.

Der Schweizer Künstler Dieter Roth (1930-1998) veröffentlichte sein tatsächlich ausschließlich aus endlosen Wiederholungen des Wortes „Murmel“ bestehendes Werk im Jahr 1974. Auch zu jener Zeit, war die Kunstrichtung des Dadaismus schon lange nicht mehr en vogue.

Umso erstaunlicher, wie es Fritsch gelingt, mit seinen starken, surrealistisch anmutenden Bildern zu fesseln. Sie erinnern an Eugène Ionescos geniales Theater des Absurden, manchmal Theater des absurd Traurigen. Und so entwickelt die „Murmel Murmel“-Inszenierung trotz ihrer wunderbar versponnenen, verspielten, komischen Szenen mehr Tiefe als manche von Fritschs bisherigen Spaß- und Farce-Interpretationen von Klassikern.

Die elf Schauspieler murmeln solo, im Duett oder im Chor - modisch und frisurentechnisch zunächst in den 60er und 70er Jahren (Kostüme: Victoria Behr) angesiedelt, bis schließlich knallbunte Ganzkörperhüllen jeglichen Interpretationsansatz ad absurdum führen. Rote, gelbe, grüne, blaue und orangefarbene Wände fahren wie von Zauberhand bewegt über die von Fritsch selbst gestaltete Bühne und geben den Darstellern immer nur so viel Spielraum, wie es einer unsichtbaren Macht gefällt. Dabei versetzen die ständig wechselnden Farben und Raumgrößen alles so in Schwingung, dass sich der Zuschauer manchmal auf einem irren LSD-Trip wähnt. Die Klänge des Marimbaphons (Ingo Günther) tun das Übrige.

Fritsch gilt spätestens seit dem letzten Berliner Theatertreffen als angesagter Newcomer-Regisseur, obwohl er mit seinen 61 Jahren und seiner langjährigen Volksbühnen-Erfahrung als Schauspieler natürlich schon ein alter Theaterhase ist. Anders als viele seiner jüngeren Regiekollegen setzt er nicht auf aufklärerische Sozialkritik. Ihm gehe es um die Lust, Leben zu entfachen, sagte er einmal. Dieses Versprechen löst „Murmel Murmel“ auf jeden Fall ein.

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