Suhrkamp Verlag: Das Flaggschiff dümpelt in schwerer See

Die beiden Suhrkamp-Gesellschafter sind seit Jahren zerstritten. Ein Sanierungsplan sollte für Befriedung sorgen — eigentlich.

Bücher der „Edition Suhrkamp“ in einem Regal.

Bücher der „Edition Suhrkamp“ in einem Regal.

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Berlin. Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe: Ein Jahr ist es her, dass der Suhrkamp Verlag vorläufige Insolvenz anmeldete. Drei Monate später wurde das Verfahren offiziell eröffnet. Das traditionsreiche Haus, das über Jahrzehnte die intellektuelle Debatte in Deutschland geprägt hatte, sollte vor dem Aus stehen?

Der Verlag leidet unter dem Streit der Gesellschafter Ulla Unseld-Berkéwicz...

Der Verlag leidet unter dem Streit der Gesellschafter Ulla Unseld-Berkéwicz...

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In Wahrheit war es ein ausgeklügelter Schlachtplan. Verlagschefin Ulla Unseld-Berkéwicz, die Witwe des Firmenpatriarchen Siegfried Unseld (1924-2002), erhoffte sich von dem spektakulären Schritt einen Befreiungsschlag gegen ihren langjährigen erbitterten Konkurrenten, Miteigentümer Hans Barlach.

... und Hans Barlach.

... und Hans Barlach.

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Der Verlag, der Größen wie Theodor W. Adorno, Christa Wolf und Peter Handke eine geistige Heimat bot, steckt nach wie vor in der Insolvenz. Barlach versucht, den von Verlagschefin Unseld-Berkéwicz vorgelegten Sanierungsplan zu verhindern. Mit seiner Beschwerde hat er es inzwischen durch alle Instanzen zum Bundesgerichtshof geschafft. Mit einer Entscheidung wird im Sommer gerechnet.

Der Medienunternehmer und Enkel des Bildhauers Ernst Barlach wirft der Verlagschefin vor, die Zahlungsunfähigkeit mutwillig herbeigeführt zu haben, um ihn loszuwerden. „Das ist eine Insolvenz, die es so nicht hätte geben müssen“, sagte der Verwaltungsratspräsident von Barlachs Medienholding, Carl Ulrich Mayer. Über die Gesellschaft ist Barlach zu 39 Prozent an Suhrkamp beteiligt, Unseld-Berkéwicz hält 61 Prozent.

Für die praktische Arbeit im Verlag hat die Hängepartie nach Angaben des Generalbevollmächtigten Frank Kebekus kaum Auswirkungen. „Die Gespräche mit den Autoren, das Aufstellen des Programms — das ist alles business as usual“, betont der Düsseldorfer Anwalt.

Eng könnte es allerdings werden, wenn erneut die Autorenhonorare fällig sind. In einer ersten Runde im vergangenen Jahr hatte die Wella-Erbin Sylvia Ströher mit ihrem Mann Ulrich über eine sogenannte Zweckgesellschaft einen Teil der Honorare gezahlt — das Darmstädter Unternehmerpaar ist an einem Einstieg bei Suhrkamp interessiert. „Bei Bedarf müsste der Verlag überlegen, ob man noch einmal nach einem solchen Modell verfährt“, so Kebekus.

Auch eine Beteiligung der Ströhers ist erst nach Aufhebung der Insolvenz möglich. Der Sanierungsplan von Unseld-Berkéwicz sieht die Umwandlung des Traditionshauses von einer Kommandit- in eine Aktiengesellschaft vor. Bei einer Kapitalerhöhung könnten die Wella-Erben dann Anteile übernehmen.

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