Eigentlich will Stefan nur kurz fürs Wochenende in die alte Heimat, um in Bochum das Bergarbeiterhaus seiner toten Eltern zu verkaufen. In München hat er sich als Schauspieler eine Existenz aufgebaut. Da, wo die Menschen noch glauben, im Ruhrgebiet würden „Briketts durch die Luft fliegen“. Doch der Besuch wird zu einer Reise in die Vergangenheit, und alles kommt anders als geplant. Stefan muss seinen Lebensentwurf neu überdenken. Ist die Bühne seine Passion? Oder ist er nicht nur ein Schauspieler im eigenen Leben?

Entscheidungen hat Stefan nie selbst getroffen. Auch jetzt lässt er sich treiben. Den Maklertermin verschwitzt er. Der Fußballklub feiert Sommerfest. Die A 40 ist für Autos gesperrt und wird zur Kulturmeile. Das ganze Revier scheint auf den Beinen. Als noch Stefans Sandkastenliebe aufkreuzt und ihm „ein Leben anbietet“, weiß er gar nicht mehr, wo ihm der Kopf steht. Ausgerechnet „Charlie“, bei der sich „die Erde auftat“ als er sie als Kind das erste Mal küsste.

Lebensecht schildert der 1966 in Bochum geborene Frank Goosen die Befindlichkeiten im Ruhrgebiet, in dem jeder mit jedem verwandt scheint, oder zumindest jeden kennt. Wie kein anderer versteht er, den Regressions-Sehnsüchten seiner Figuren einen Ton zu geben. Wie schon in „Liegen lernen“ (2001) und „So viel Zeit“ (2007). Sein neuer Roman ist komisch und sentimental. Aber er ist mehr als nur eine wehmütige Jugenderinnerung. Er forscht nach den Wurzeln und stellt die große Frage nach dem „Gehen oder Bleiben“, die sich jeder im Leben einmal stellen muss.

Frank Goosen: „Sommerfest“. KiWi Verlag, 320 Seiten, 19,99 Euro.