Lit.Cologne: Doppelt gelogen hält besser

Dieter Hildebrandt und Roger Willemsen schwadronieren sich lustvoll durch „Die Weltgeschichte der Lüge“.

Köln. Diego Maradona hat´s getan. Marco Polo hat´s getan. Und Karl May sowieso. Die Welt ist voll von ihnen. Den Wahrheitsverbiegern, Schwindlern und Aufschneidern. "Die Lüge ist überall!" Zu dieser Erkenntnis kommt Dieter Hildebrandt am Samstagabend im Kölner Theater am Tanzbrunnen. Sein Co-Redner Roger Willemsen stimmt ihm zu. Bis dahin haben sich der Kabarettist und der Autor mehr als 160 Minuten lang reichlich Zunder gegeben.

Wenn der 79-Jährige und der 51-Jährige "Die Weltgeschichte der Lüge" vorstellen, dann mutet das in den besten Momenten an wie weiland Kienzle und Hauser auf dem Bildschirm oder Walldorf und Stadler, die beiden Alten in der Theater-Loge der "Muppet Show". Da schwadronieren zwei lustvoll über Kunst, Politik und Wissenschaft, Religion, Journalismus und Biologie, fahren sich munter in die Parade, weisen sich in die Schranken und geben einander vergnügt eins über. "Sie sind ja schlauer als Bastian Sick!" (Hildebrandt, erbost) "Das trifft mich aber jetzt wirklich!" (Willemsen, schmollend) "Ich nehme es zurück!" (Hildebrandt, einlenkend). "Meinen Sie, es kann uns jetzt noch jemand folgen?"(Willemsen, verwirrt).

Die "Einführung in die Wahrheit der Lüge", die die beiden im Rahmen der lit.Cologne geben, fand einen solchen Zuspruch, dass kurzfristig eine Zusatzveranstaltung am Nachmittag anberaumt wurde. Hildebrandt und Willemsen grübeln darüber, wo die Lüge herkommt, worin sie sich äußert und welche ihrer zahlreichen Formen wohl die überzeugendste ist. Existiert hat sie schon immer. So viel steht fest. Schon die Schlange im Paradies hat gelogen. Im Mittelalter taten es ihr Kaiser, Könige und Kirchenfürsten nach. Mit süffisanter Spitzfindigkeit werden hochstapelnde Wissenschaftler, falsche Heilige und gleißnerische Goldmacher ins Licht der Wahrheitsfindung gezerrt.

Die Lügenbarone, Aufschneider und Märchenerzähler sind überall. Sie stellen wie Cagliostro "glitzernde Steine aus blauem Dunst" her, erfinden die "Maschine Caroline", die gar keine Maschine ist, oder sie lügen - im wahrsten Sinne des Wortes - wie gedruckt: 96 Mal soll die englische Queen schwanger gewesen sein. Glaubt man der Presse.

Bilanz In seinem siebten Jahr hat das Kölner Literaturfest lit.Cologne mehr als 60 000 Besucher angelockt und damit die Vorjahreszahl von 56 000 Zuschauern übertroffen. An elf Tagen gab es insgesamt knapp 140 Veranstaltungen, darunter 50 für Kinder.

Höhepunkte waren die Lesung des US-Bestsellerautors Jonathan Franzen, zu der 1400 Besucher kamen sowie die Edgar Wallace- oder "Hypochondrie"-Abende. Schon Wochen vorher waren 82 Prozent der Karten verkauft.

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