<strong>Weimar. Goethe und Dante wachen wieder einträchtig über die Bücherschätze im restaurierten Rokokosaal der Herzogin Anna Amalia-Bibliothek in Weimar. Die Büsten der beiden Nationaldichter Deutschlands und Italiens wurden - neben tausenden Büchern - bei dem verheerenden Brand in der Nacht vom 2. auf den 3. September 2004 beschädigt. Jetzt blicken sie in wiedererstandener Schönheit von der ersten Galerie auf die Besucher des Kleinods, das durch ovale Form, Bücher und Kunstwerke einen sakralen Charakter hat. "Bibliotheken sind besondere Orte", sagte Bundespräsident Horst Köhler denn auch, als er gestern das nach historischem Vorbild restaurierte Stammhaus der renommierten Forschungsbibliothek besichtigte. Für ihn seien Bücher eine Metapher für Erkenntnis und Verstehen schlechthin. Der im alten Glanz erstrahlte Büchertempel bringt den Bundespräsidenten ins Schwärmen: "Vieles davon ist einmalig", gehöre zum nationalen Kulturerbe: Bücher, Handschriften, Globen, Landkarten, Porträtbüsten. "Deshalb hat man auch das Gefühl, in das Heiligtum der Klassik einzutreten", befand der Präsident der Klassik Stiftung Weimar, Hellmut Seemann. Wiedereröffnet wurde die Bibliothek, die jahrzehntelang von Johann Wolfgang Goethe geleitet worden war, am 268. Geburtstag ihrer Namenspatronin.

Mehr als ein Jahr Arbeit, um die Wasserschäden zu tilgen

Der 1766 auf Wunsch der Herzogin Anna Amalia eingebaute Rokokosaal war immer mehr als nur Bibliothek. "Um 1850, zum Höhepunkt der Klassikrezeption, war er in Ermangelung von Museen auch Kunstraum und Gedenkort", sagte Seemann. Architekten und Denkmalpfleger haben nach dem Brand und den starken Löschwasserschäden in Mauern, Deckenbalken und Holzregalen einen der schönsten Bibliotheksräume Mitteleuropas wiedererstehen lassen. "Das Feuer wurde 67 Stunden lang mit Wasser bekämpft. 15 Monate dauerte es, die Wasserschäden zu beseitigen", berichtete Architekt Walter Grunwald. Bis auf einige verkohlte Bretter erinnert kaum noch etwas an die Zerstörungen: Der Saal präsentiert sich wieder in Weiß mit einem leichten Anflug von Blau und vergoldeten Verzierungen.

Gutenberg-Bibel wird jetzt im Tresor aufbewahrt

"Es riecht jetzt wieder nach alten Büchern", freute sich Museumsdirektor Michael Knoche nach dem Wiedereinzug von 40000 Büchern. In der Hauptebene des Rokokosaales steht, rekonstruiert nach alten Verzeichnissen, der Buchbestand um 1850.