Ausblick: Geldnot und Bestseller — das Theaterjahr 2011

Viele Schauspielhäuser haben auch im neuen Jahr mit Sparzwängen zu kämpfen.

Berlin. In der Krise blüht die Kunst. Diese Erkenntnis stößt vielen Theatermachern inzwischen allerdings ziemlich bitter auf. Zwar haben die deutschsprachigen Bühnen in ihren Inszenierungen mit viel Fantasie auf die Folgen der Wirtschaftskrise reagiert. Doch die Sparbemühungen der Städte und Kommunen fordern inzwischen erste Opfer.

Unklar ist beispielsweise die Zukunft der Wuppertaler Bühnen. Anfang 2011 soll entschieden werden, ob das bereits seit zwei Jahren wegen Sanierung geschlossene Schauspielhaus endgültig dichtgemacht wird und die Bühne zum Ein-Sparten-Haus für die Oper wird — oder eine Fusion mit Remscheid und Solingen infrage kommt.

Ein weiteres prominentes Beispiel ist das Deutsche Schauspielhaus Hamburg. Aus tiefem Frust über immer neue Sparrunden schmiss Intendant Friedrich Schirmer seinen Job im Herbst unerwartet hin. Der Senat hatte die massiven Sparvorgaben für die Bühne zwischenzeitlich zwar abgemildert. Doch wie es nach dem Bruch der schwarz-grünen Koalition und den für Februar geplanten Neuwahlen weitergeht, ist völlig offen. Als einer der Favoriten für das anspruchsvolle Amt wird Matthias Lilienthal gehandelt, bisher künstlerischer Leiter des Berliner „Hebbel am Ufer“. Für 2011 heißt es für das Schauspielhaus vorerst: Weniger Produktionen, weniger namhafte Regisseure und keine Gastschauspieler mehr — ein neuer Intendant ist noch nicht gefunden.

Das von Schließung bedrohte Thalia Theater Halle schien zwar vorerst gerettet, muss sich in Zukunft aber ausschließlich auf Kinder- und Jugendtheaterproduktionen beschränken. Doch die Zitterpartie ist damit noch nicht beendet, denn die Haustarifverträge erweisen sich als kompliziert. Das Theater Altenburg-Gera konnte die Insolvenz gerade noch einmal abwenden, Intendant Matthias Oldag darf trotz der ihm vorgeworfenen Management-Fehler bleiben. Damit sind die finanziellen Probleme der Thüringer Bühne aber nicht ausgeräumt.

Nicht nur die Sorge ums Geld eint die Theater. 2011 setzt sich der umstrittene Trend zu Roman-Adaptionen an auffallend vielen Bühnen fort. Nach Theaterfassungen von Helene Hegemanns „Axolotl Roadkill“ und Uwe Tellkamps „Der Turm“ folgt nun eine wahre Flut von für die Bühne umgeschriebenen Bestsellern. Auf der Ruhrtriennale zeigt Armin Petras die Theaterpremiere von Günter Grass’ „Blechtrommel“. Am Thalia Theater Hamburg ist die erste Theaterfassung von Don DeLillos „Falling Man“ zu sehen. Und im Theater Aalen kommt T.C Boyles Roman „Das wilde Kind“ auf die Bühne.

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