Anselm Kiefer: Der Meister der Bildräume

Anselm Kiefer zählt zu den weltweit renommiertesten deutschen Künstlern. Die Bundeskunsthalle zeigt nun eine höchst umfangreiche Schau.

Bonn. „Am Anfang“ ist das 3,80 Meter mal 5,60 Meter messende Bild benannt, das den Titel zur Anselm-Kiefer-Ausstellung in der Bonner Bundeskunsthalle liefert.

Von Mittwoch an bis zum 16. September ist die Schau zu sehen, in der 24 teils mehrteilige Werke aus den Jahren 1978 bis 2012 zu betrachten sind. Es sind die imposanten Formate, die beim ersten Eintreten beeindrucken. Die Architektur des Hauses verleiht ihnen dennoch eine erstaunliche Leichtigkeit.

Erstmals überhaupt ist das vollständige Werk „Essence-Existenz“ zu sehen, in dem sich auf 22 Metern ein Bergpanorama präsentiert. Natürlich mit all den Zutaten, die zum Werk des Künstlers gehören wie Mystik, Philosophie und skulpturale Applikationen. Kiefer arbeite Geschichte auf und zeige hier, was war und was möglicherweise sein werde, sagt der Vorsitzende der Stiftung Kunst und Kultur und Direktor des Duisburger Museums Küppersmühle, Walter Smerling, der die Bonner Ausstellung kuratierte.

Die ausgestellten Arbeiten seien Schlüsselwerke zur Arbeit Kiefers, sagt er. Die Vielfalt der gezeigten Arbeiten gewähre Zugang zum Gesamtkosmos des Künstlers.

„Nach Gerhard Richter ist Anselm Kiefer der weltweit am meisten gesammelte lebende deutsche Künstler“, so der Intendant der Bundeskunsthalle, Robert Fleck. Kiefer schaffe Bildräume. Die räumliche Tiefe der Werke mache den Dialog mit Architektur, Landschaft, Schrift und Skulptur möglich, ohne dass die Bilder ihre programmatische Zweidimensionalität verlören.

„Am Anfang“ zeigt gegen den Strand anrollende Wellen und regenschwere dräuende Wolkenberge. Vom oberen Bildrand hängt eine Strickleiter herab, bis auf den Museumsboden reicht sie und kringelt sich dort weiter.

Zwischen den Sprossen steckt Fotopapier mit Bildern von Türmen. Ist es die Himmelsleiter? Oder heißt das, von Anfang an wurde auf Sand gebaut? Anselm Kiefer erzählt Geschichten und Geschichte in seinen Bildern und Skulpturen.

Zu sehen ist auch ein Container, den Kiefer 1987 aus Protest gegen die Volkszählung gebaut hat. Die Bundesrepublik hatte damals 60 Millionen Einwohner. Im Inneren des Behälters hängen Bleiblätter, auf deren Oberfläche 60 Millionen Erbsen aufgetragen sind.

Im selben Raum sorgt der Skulpturenkomplex „20 Jahre Einsamkeit“ für Interesse. Auf fünf Holzpaletten sind Bleiblätter aufgestapelt, auf denen jeweils aufgeschlagene Kassenbücher liegen. Inspiriert wurde der Künstler dabei durch Paul Celans Gedicht „Ich bin allein“.

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