Am Flughafen wird es für die Berufsmusiker brenzlig

Am Airport werden teure Geigen von Musikern schon mal gern beschlagnahmt, wenn nicht gar noch Schlimmeres passiert.

Düsseldorf. An den internationalen Flughäfen spielen sich zum Teil Tragödien ab, die an Missklang kaum zu überbieten sind. Unvergesslich wird etwa dem Pianisten Krystian Zimerman ein Erlebnis im politisch brisanten Herbst 2001 bleiben. Im Quartal nach dem 11. September liegen beim Sicherheitspersonal des New Yorker Flughafens JFK die Nerven blank. Als im 100 000 Dollar teuren Steinway-Flügel des polnischen Starpianisten irgendein Klebstoff verdächtig riecht, sprengt man das Instrument, das mit dem besonders feinen Anschlag des Künstlers symbiotisch verbunden ist, mal eben in die Luft.

Julia Fischer über eine Begegnung mit dem Zoll am Flughafen

Nicht alle Zweifelsfälle an den Airports enden so explosiv, doch Ärger haben gerade Musiker, die mit ihren Instrumenten auf Konzertreise gehen, immer wieder. Meistens gibt es Probleme beim Zoll. An der Spitze stehen dabei die Geiger, deren Stradivaris gut und gerne mehrere Millionen Euro wert sind. Da fallen Zollbeträge im sechsstelligen Bereich an, die vor dem Rückflug allerdings wieder erstattet werden — ein Hickhack, der insbesondere für pekuniär noch mager ausgestattete Nachwuchshoffnungen, die mit Stiftungs-Instrumenten unterwegs sind, schwer zu überwindende Hürden aufstellt.

Die international etablierte Geigerin Julia Fischer (30), die schon mit 23 Jahren Musikprofessorin in Frankfurt am Main wurde, kann ein Lied davon singen, was Zollbeamte so für Ideen haben. „Ich musste einmal den Beamten vorspielen, um zu beweisen, dass ich wirklich Geigerin bin“, sagt Julia Fischer im Gespräch mit unserer Zeitung.

Besonders schlimm sei die Situation an russischen Flughäfen. „Ich hasse es deswegen bis heute, nach Russland zu reisen.“ Man werde grundsätzlich zwei Stunden festgehalten. Immer seien in den zum Instrument gehörenden Dokumenten angeblich Fehler, so dass man mit der Geige wohl nicht wieder ausreisen dürfe. „Meistens genügt ein Anruf des Konzertveranstalters bei einem guten Bekannten im zuständigen Ministerium, um das Problem aus der Welt zu schaffen.“

Aber auch der Amsterdamer Flughafen sei berüchtigt. Von dort aus bekam sie einmal einen Hilferuf ihres jüngeren Kollegen Augustin Hadelich, heute einer der größten Geiger der Welt. Um ein Haar wäre sein Instrument beschlagnahmt worden. „Besonders schwierig ist die Situation, wenn die Geige einer Stiftung gehört“, erklärt Julia Fischer. „Glücklicherweise reise ich mit meiner eigenen Geige, das macht es leichter.“

Da es auch in Deutschland Schwierigkeiten beim Zoll geben soll, haben berühmte Geiger nun einen offenen Brief an mehrere Bundesminister und Kanzlerin Merkel geschrieben. Neben Julia Fischer unterzeichneten unter anderem der Dirigent Daniel Barenboim und Geiger Frank-Peter Zimmermann.

Es geht darum, das Prozedere am Zoll EU-weit zu vereinfachen. „Ein Auftrittsvertrag und ein aktuelles Konzertplakat sollten ausreichen, um die Sache beim Zoll zu klären“, sagt Johannes Kreile, Geschäftsführender Justitiar beim Verband der deutschen Konzertdirektionen. Derzeit komme es in Deutschland öfter zu rechtlichen Querelen. Eine junge, unerfahrene asiatische Talent-Geigerin sei am grünen Eingang aufgegriffen und mit einem Zoll-Strafverfahren konfrontiert worden. Arbeitsministerin von der Leyen und Finanzminister Schäuble hätten schon persönliche Sympathien für die Vereinfachung der Bestimmungen signalisiert, berichtet Kreile. Doch die Mühlen der zuständigen Beamten würden gewiss noch etwas mahlen.

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