Als die Welt ein bisschen bunter wurde

In dem Buch „Colt Seavers, Alf & Ich“ zappen sich 20 Autoren durch die TV-Serien der 80er und 90er Jahre — eine Art Wiedersehen.

Als die Welt ein bisschen bunter wurde
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Düsseldorf. Es gab die Guten, die Harten, die Außenseiter, die Schönen und die Gerechten. Und es gab diejenigen, die sie im Wochenrhythmus vor dem Bildschirm anschmachteten, bewunderten und gelegentlich auch ein wenig beneideten.

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Steffi Kammerer, Jahrgang 1969, gehört zu letzterer Abteilung, nämlich der, die ab den 80er Jahren begeistert vor der Mattscheibe saß. Mit einer gehörigen Portion Bewunderung für eine trinkfeste Frau aus den besseren Kreisen der amerikanischen Südstaaten. Sue Ellen hieß die verblühte Schönheitskönigin, die sich ihr Leben an der Seite von Fiesling J.R. Ewing schönsoff, dabei Haltung bewahrte und so zu Steffis Heldin wurde.

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„Meine Sue Ellen“ ist folgerichtig der Text von Kammerer betitelt, in dem sie über die vermutlich bekannteste aller US-Serien im deutschen Fernsehen schreibt. Zwischen 1981 und 1991 tauchte „Dallas“ jeweils am Dienstagabend die Wohnzimmer in nervös-bläuliches Flackerlicht. Nachzulesen ist das in dem neuen Buch „Colt Seavers, Alf & Ich“ aus dem Ankerherz Verlag.

Steffi Kammerer über „Dallas“

20 Autoren beschreiben in fünf Kapiteln ihr Leben mit den TV-Serien der 80er und 90er Jahre. Sehr persönlich zumeist, häufig lustig, manchmal klug und immer mit einem hohen Wiedererkennungswert — zumindest für diejenigen, die ab 1980 die Glotze einschalten durften. Kammerer musste oft heimlich gucken, verrät sie. Die Saga der verkorksten Ölbarone galt in ihrem Elternhaus als Schund. Dennoch: „Ich fand alles an ,Dallas’ herrlich. Es ging schon mit der unerreichten Titelmusik los. Dada, dada, dadadadadadada, dazu galoppierende Rinderherden und gläserne Bürotürme“.

Ohne Vorbehalte und Verbote, weil bereits mit eigenem TV-Gerät ausgerüstet, entdeckte Ulli Tückmantel, Jahrgang 1966, seine Lieblingsserie. Als „Pause vom Erwachsenwerden“ schaltete er montags „Magnum“ (ARD, 1984 bis 1991) ein — die Serie über den schnauzbärtigen Detektiv, der auf Hawaii fröhlich-bunt gekleidet und mit wild behaarter Brust den schnorrenden Antihelden gab.

Wobei der Autor, heute Chefredakteur der Westdeutschen Zeitung, mit einer Enttäuschung leben muss (die Tückmantel zu seinem Glück erst viele Jahre später erfuhr): Beim Synchronisieren der US-Serie ins Deutsche wurden fast alle Bezüge zum Vietnamkrieg beseitigt — und die Kriegsveteranen Magnum, T.C. und Rick zu Männern ohne Eigenschaften, die den Mekong nur vom Hörensagen kannten.

Die öffentlich-rechtlichen Synchron-Zensoren hatten zudem wenig Hemmungen, auch Andeutungen zu Deutschlands brauner Vergangenheit aus Magnums Abenteuern zu tilgen, wie Tückmantel schreibt. Aus finsteren Nazis wurden in einer Folge ausgerechnet PLO-Terroristen — und was an Handlung folglich nicht mehr passte, wurde einfach rausgeschnitten.

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