Als der Jetset noch jung war

Das NRW-Forum lässt die Partys der Reichen und Schönen aus den 60er und 70er Jahre in einer Foto-Schau aufleben.

Düsseldorf. Brigitte Bardot kommt barfuß aus dem Nachtclub „Chez Maxime’s“. Jackie Kennedy sitzt mit Bianca Jagger in der Garderobe von Liza Minelli. Gunter Sachs kommt im Pelzmantel vom Bobfahren in St. Moritz. Romy Schneider knutscht auf einer Treppe mit Alain Delon.

In der Ausstellung „Zeitgeist und Glamour“ im Düsseldorfer NRW-Forum stößt man auf lauter (Zeitungs-) Bekannte — den Jetset der 60er und 70er Jahre, der sich teilweise bis heute nicht zur Ruhe gesetzt hat. Zugleich überraschen die rund 430 Fotos aus der Sammlung der Schweizerin Nicola Erni immer wieder — und das nicht nur, weil sie erstmals gezeigt werden. Worüber spricht Maria Callas nur so intensiv mit Winston Churchill? Die blutjunge Mia Farrow zeigt erstaunlich stramme Waden. Erschüttert steht man hingegen vor Richard Avalons großformatiger Aufnahme von Andy Warhols narben-überzogenem Oberkörper.

Die Fotos, die sowohl von klassischen Fotografen als auch von Paparazzi stammen, bezeugen, wie unverkrampft hedonistisch das Leben ab den 60er Jahren in St. Tropez und St. Moritz, London und Rom, Paris und New York pulsierte. Schlagartig war Schluss mit Nachkriegs-Mief und Wiederaufbau-Betriebsamkeit.

Und weil auch der Normalverdiener gerade Wohlstandsfreuden und Ferienreisen für sich entdeckt, schnuppert er meist amüsiert am „Duft der großen weiten Welt“. Anders als die Partygesellschaft damals achten Prominente heute peinlich darauf, nicht mit Glas oder Zigarette abgebildet zu werden.

Die Cliquen der Reichen und Schönen signalisieren ein neues Lebensgefühl und zudem einen gesellschaftlichen Wertewandel — auch wenn politische Aspekte wie Anti-Vietnam-Demonstrationen und Friedensbewegung hier außen vor bleiben.

Denn die Grenzen zwischen konservativer Hochkultur und Revoluzzer-Pop verschwimmen, sagt der Literaturdozent und Popkultur-Experte Thomas Hecken von der Uni Bochum. Ein Mick Jagger mit seiner kleinbürgerlichen Herkunft bewegt sich zwanglos in höchsten Kreisen.

Geld (Agnelli, Onassis), Adel (Gracia Patricia, die Baronesse Thyssen-Bornemisza), Schönheit (Brigitte Bardot), Intellektuelle (Truman Capote) Künstler (Karajan, Andy Warhol) und Modeschöpfer (Karl Lagerfeld, Roberto Cavalli) — alle feiern zusammen oder zumindest in Sichtweite.

In all der Party-Ausgelassenheit lässt sich ein neues Frauenbild nicht übersehen. Romy Schneider und Twiggy, Uschi Obermeier und Jackie Kennedy treten zumindest öffentlich eigenständig und selbstbewusst auf — lange bevor der Feminismus eine Theorie dazu entwickelt.

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