25 Jahre Privatfernsehen: Bunt bewegt muss es sein

Das deutsche Privatfernsehen wird 25 Jahre alt. Doch den Mut der Anfangstage haben die Macher längst verloren.

Köln. Das Kind hieß "RTL plus" und es war eine schwere Geburt. Als das deutsche Privatfernsehen im Januar 1984 das erste Mal auf Sendung ging, holte der als Arzt verkleidete Moderator Rainer Holbe in einem Kreißsaal einen Bildschirm mit dem Logo von "RTL plus" auf die Welt.

Sehen konnten das damals nur rund 200 000 Haushalte - und trotzdem markiert die "Geburtsstunde" einen Wendepunkt in der deutschen Mediengeschichte.

Die Alleinherrschaft von ARD und ZDF war zu Ende. RTL und die "Programmgesellschaft für Kabel und Satellit" (später Sat. 1) wurden zwar zunächst belächelt, aber 25 Jahre später ist den öffentlich-rechtlichen Sendern das Lachen längst vergangen.

"Die Einführung des Privatfernsehens war ein Segen für die deutsche Kultur", lobt der Medienwissenschaftler Norbert Bolz in der "Welt" und spricht von einer "echten Kulturrevolution", die Deutschland locker gemacht habe.

Wer die jüngsten Auswüchse des Privatfernsehens von "Dschungelcamp" bis "Frauentausch" sieht, mag da vielleicht nicht auf Anhieb zustimmen. Doch man darf nicht vergessen, dass die Programme der Privaten vor allem in den achtziger und neunziger Jahren Farbe in die bislang eher biedere Fernsehwelt der Öffentlich-Rechtlichen brachte.

"Bunt muss es sein und sich bewegen", war das Motto, das RTL-Chef Helmut Thoma vorgab. Eine freche Stoffpuppe ("Karlchen") kommentierte das Geschehen des Tages, Hugo Egon Balder ließ leicht bekleidete Damen bei "Tutti frutti" tanzen, und bei "Schreinemakers live" wurde jedes Thema so emotional wie möglich behandelt.

Heftig diskutiert wurden die Formate der Privaten schon immer: Bei der "Mini-Playback-Show", in der verkleidete Kinder ihre Stars imitierten, sah beispielsweise 1991 die SPD-Hinterbänklerin Ulla Schmidt, heute Bundesgesundheitsministerin, den "Grenzbereich zu sexueller Ausbeutung" berührt.

Gezeigt wurde, was ein möglichst großes Publikum erreichte - Geschmacksfragen spielen seitdem eine untergeordnete Rolle. Oft führte das die Senderchefs aber auch auf die richtige Fährte: Etwa als RTL auf Wimbledon-Übertragungen und Formel 1 setzte und Sat. 1 mit "ran" die Bundesliga-Berichterstattung aufpeppte.

Mittlerweile sorgt die Fixierung auf die Quote jedoch dafür, dass die Programmchefs kaum noch Neues wagen. Wer sich durch das Programm zappt, sieht in vielen Fällen nur noch sozial schwache Familien, die sich vor laufender Kamera anschreien ("Die Super-Nanny"). Oder uninspirierte Comedy-Formate mit den ewig gleichen Gesichtern ("Die dreisten drei").

Auch wenn es in der großen Vielfalt der Sender auch viele gute Angebote gibt: Zum Geburtstag ist den Machern zu wünschen, dass sie sich auf den Mut der Anfangstage besinnen. Warum gibt es kaum noch eigenproduzierte Serien abseits von Daily Soaps, kaum noch große Liveshows? Warum lässt man immer nur Oliver Geissen, Stefan Raab und Marco Schreyl vor die Kamera?

Es ist bezeichnend, dass sich vergleichsweise junge Talente wie Christian Ulmen mit ihren neuen Show-Ideen dort tummeln, wo Experimente noch erlaubt sind: Im Internet.

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