„Wetten, dass..?“ stoppt Talfahrt

Augsburg (dpa) - Für den krisengeschüttelten Moderator Markus Lanz war es trotz einer Rassismus-Debatte ein halbwegs versöhnlicher Jahresabschluss.

Bei der Weihnachtssendung von „Wetten, dass..?“ aus Augsburg sorgten einige Gäste wie Komiker Michael „Bully“ Herbig für eine streckenweise unterhaltsame Show, auch wenn der Gastgeber selbst manchmal blass blieb und Boris Becker entgegen seiner eigenen Ankündigungen keine spektakulären Neuigkeiten präsentieren konnte. Die Quoten-Talfahrt konnte dennoch gestoppt werden. Den ZDF-Klassiker schalteten am Samstagabend knapp 6,9 Millionen Zuschauer ein - rund 300 000 mehr als bei der Novemberausgabe.

Zudem konnte Lanz seinem Publikum abwechslungsreiche und durchweg gewonnene Wetten präsentieren. Bei den Gästen setzte Abba-Legende Björn Ulvaeus den internationalen Glanzpunkt und überraschte das Publikum mit seinen nahezu perfekten Deutsch-Kenntnissen. Die Sprache habe er extra für die Sendung bei einem Drei-Wochen-Crashkurs gelernt, kokettierte der Weltstar. Da tat es der Stimmung keinen Abbruch, dass er seine Fans enttäuschen musste, als er einmal mehr ein Comeback der schwedischen Popband ausschloss. Die Menschen sollten sie doch lieber als „junge dynamische Gruppe“ in Erinnerung behalten, meinte der 68-Jährige.

Doch beim mit Spannung erwarteten Auftritt von Wimbledon-Sieger Boris Becker und seiner Frau Lilly gegen Ende der Show war schnell die Luft raus. Der 46-jährige Becker hatte den Kurznachrichtendienst Twitter mit Andeutungen gefüttert, dass daraufhin Spekulationen ins Kraut schossen, bei dem Promi-Paar könnte Nachwuchs anstehen. Becker blieb diesbezüglich stumm und entschuldigte sein Mitteilungsbedürfnis im Vorfeld mit seiner mit ihm durchgegangenen „Twitterhand“. Die Showmacher selbst reagierten mit beißender Ironie auf den enttäuschenden Becker-Auftritt: „Ihr könnt jetzt wieder umschalten“, zwitscherten sie auf dem offiziellen „Wetten, dass..?“-Twitterkanal.

Dazwischen gab statt Lanz mitunter Komiker Herbig stellenweise den Alleinunterhalter. Auch der zeitweise Nord-Süd-Schlagabtausch von „Bully“ mit Sängerin Ina Müller sorgte für Lacher, etwa als sich beide über merkwürdige Speisevorlieben der Bayern wie Hirnsuppe austauschten: „Ja, wir haben es auch nötig“, blödelte Herbig. Das wirkte wenigstens erfrischend, nachdem Lanz beim Plaudern mit „Stubbe“-Darsteller Wolfgang Stumph nicht viel mehr einfiel, als ein paar uralte Trabbi-Witze zu recyceln. Auch die beiden Schauspieler Olivier Martinez und Fahri Yardim, die ihre Noah-Gordon-Verfilmung „Der Medicus“ bewarben, wirkten etwas gelangweilt. Dafür glänzte Michelle Hunziker, die wie in alten Thomas-Gottschalk-Zeiten noch einmal die Assistentin gab, mit einem figurbetonten weißen Kleid, das tiefe Einblicke erlaubte.

Lanz überraschte die Zuschauer mit der Ankündigung, dass die seit Jahrzehnten zelebrierten Wetteinsätze der Wettpaten gänzlich ausfielen. Die Adventszeit machte es möglich - die Couch-Gäste durften sich hingegen auf Geschenke freuen. Doch schon bei der Januarshow in Karlsruhe werden die Paten wieder Einsätze bringen müssen: „Das war eine erstmalige und einmalige Aktion“, erklärte eine ZDF-Sprecherin am Sonntag.

Die Wetten selbst sorgten für Kurzweile, gerade auch weil einige Kandidaten sie manchmal erst auf den letzten Drücker gewannen. „Es war die allerletzte Sekunde“, betonte Lanz gerne. So erkannte ein Schulklasse aus Erlangen Latein-Vokabeln am Quietschen der Kreide an der Tafel und ein 31-jähriger Hamburger zerlegte von einer Ballmaschine abgeschossene Tennisbälle mit einem Samuraischwert. Ein Ehemann knabberte lautstark auf Knäckebrot Abba-Melodien, die seine Frau erriet.

Ein Münchner Student balancierte auf einer sogenannten Slackline und blies durch den Luftzug des schwingenden Seils Kerzen aus, während bei der Stuntwette ein Krefelder mit seinem Jetski im Augsburger Stadtbad Rückwärtssalti sprang. Wettkönigin wurde letztlich Lokalmatadorin Nina Kaimer. Die 28 Jahre alte Radiojournalistin aus Augsburg konnte binnen 30 Sekunden längere Wörter in Buchstaben aufteilen und diese nach dem Alphabet sortieren.

Bei der Stadtwette stürmten schließlich mehr als 100 Paare die Bühne, die sich wie Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer, von der berühmten Augsburger Puppenkiste verkleidet hatten. Das sorgte umgehend für Ärger im Netz, manche deuteten auf Twitter die Aufforderung, sich die Gesichter schwarz zu schminken, als Rassismus. Der Sender wies die Kritik zurück: „Der Aufruf an die Augsburger, sich als Ihre Stadtmaskottchen zu verkleiden, ist unserer Meinung nach keineswegs mit dem in der Internetkritik immer wieder erwähnten "Blackfacing" in Verbindung zu bringen“, meinte die Sprecherin.

Vielleicht hätte das ZDF dennoch lieber die Menschen auffordern sollen, sich als Urmel aus dem Eis zu verkleiden.

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