Silvia von Schweden: Das zeitlose Lächeln einer stillen Königin

Silvia von Schweden ist mit ihrem Mann, König Carl Gustaf XVI., Ehrengast auf dem weltberühmten Aachener CHIO. Ein Treffen am ersten Turniermorgen.

Silvia von Schweden: Das zeitlose Lächeln einer stillen Königin
Foto: dpa

Aachen. In den Müßiggang des ersten Turniermorgens kommen die Hoheiten sehr unaufgeregt hineingefahren, da passt es gut, dass Carl Gustaf und Silvia Zeit mitgebracht haben. Während ihre Limousine auf dem CHIO-Gelände in der Aachener Soers vorfährt, lernen ein paar weniger erfahrene Reiter mit ihren Pferden das Springstadion ein bisschen kennen, Zuschauer sitzen nur ganz vereinzelt im Stadion, aus dem noch leeren VIP-Zelt hinter der Reitertribüne dudelt leise Jazzmusik. So richtig losgeht es erst am Abend.

Es ist 11.30 Uhr, als Schwedens König und seine Königin aus dem Wagen steigen, Turnierdirektor Frank Kempermann steht da und verneigt sich, wie es sich gehört. Carl Gustaf mit Hut und Sonnenbrille, Silvia in Weiß, der Blazer beige. Sie lächelt ihr Königin-Silvia-Lächeln, mit dem sie in den 1970ern erst Carl Gustaf, und später dann ganz Schweden verzauberte.

Nun steht sie in Aachen und schaut mal hier und winkt mal dort. Es werden Fotos gemacht, ein paar überraschte Besucher klatschen vor Freude in die Hände. Der Tross macht sich auf zu den Stallungen, doch immer wieder mal muss selbst das Königspaar warten, weil ein paar Pferde ihren Weg kreuzen und Vorfahrt haben. Silvia sagt, sie sei beeindruckt.

Es sind Zeiten, die von vielen als bedrohlich empfunden werden. Globalisierung, Digitalisierung, dazu die Flüchtlingskrise, der Terror, der Brexit, solche Sachen. Die Sehnsucht nach Beständigkeit ist da noch etwas größer als sonst, und so kommt es, dass die europäischen Königshäuser wieder an Bedeutung gewinnen. Die Royals sind beliebt wie lange nicht, vielleicht auch, weil sie mit ihren Traditionen, Kronen und Kutschen das Bedürfnis nach jenen Zeiten verkörpern, die vermeintlich besser, jedenfalls aber einfacher gewesen sind.

Doch ganz so einfach ist es nicht. Fragt man den Adelsexperten Rolf Seelmann-Eggebert, dann spricht er von einem „enormen Druck“, unter dem die Adelshäuser heute stehen. „Die müssen richtig Leistung bringen“, sagt er, weil sie wüssten, dass es keines blutigen Staatsstreiches mehr bedürfe, um die Krone abzuschaffen. „Ein Handstreich des Parlaments würde genügen“, sagt Seelmann-Eggebert, der seit Jahrzehnten für die ARD über Europas Königshäuser berichtet. Die Zeiten also, in denen man als Hochadeliger wie selbstverständlich auf dem hohen Ross sitzen, sich hinter die Schlossmauern zurückziehen und unbehelligt seinen dekadenten Hobbys nachgehen konnte, sind vorbei. Wenn Staaten per Volksentscheid aus der EU austreten können, warum sollten sie nicht eine ähnlich Entscheidung treffen, wenn mal jemand auf die Idee kommt, die Monarchie zur Abstimmung zu stellen?

Um das zu verhindern, muss man zunächst einmal im Gespräch bleiben — am besten mit positiven Schlagzeilen. Im Interview mit unserer Zeitung schafft Königin Silvia das mit charmanter Leichtigkeit. „Es ist ein Traumtag“, sagt sie, und natürlich hat sie recht. Zehn Jahre habe sie ja in Düsseldorf gewohnt, schon zu dieser Zeit habe sie immer mal zum CHIO kommen wollen. „Leider habe ich immer den richtigen Zeitpunkt verpasst.“

Sie ist also das erste Mal auf dem Aachener CHIO-Gelände. Und die Königin, die ihren Mann 1972 bei den Olympischen Spielen in München kennen und lieben lernte, fühlt sich an diesem Tag ein bisschen an Olympia erinnert. Die vielen Nationen, die tolle Organisation, die große Herzenswärme und Harmonie, schwärmt Silvia. „Wir leben in einer merkwürdigen Zeit, da geben solche Veranstaltungen wie das Reitturnier in Aachen Mut für die Zukunft“, sagt sie.

Silvia, so sagt es Seelmann-Eggebert, habe der schwedischen Krone wieder Glanz verliehen. Ihre Hochzeit mit Carl Gustaf 1976 habe die Menschen euphorisiert. Für den schüchternen König war das hübsche Mädchen aus Deutschland ein Glücksgriff. Es folgte ein Leben wie im Bilderbuch auf Schloss Drottningholm bei Stockholm. Die Kinder Victoria, Carl Philip und Madeleine machten das Bild der sympathischen Familie rund.

Es folgten Jahre der Krisen, der Negativschlagzeilen und der Gerüchte. Immer öfter hieß es, die Ehe von Silvia und Carl Gustaf stehe vor dem Aus. In Rotlichtclubs soll sich der Monarch herumgetrieben und in den späten 90er Jahren gar eine Affäre gehabt haben. Silvia schwieg sich aus — und blieb an Carl Gustafs Seite. Dass die Beziehung schon Jahrzehnte hält, ist wohl vor allem Silvia und ihrer besonnenen Art zu verdanken. Und bald überwiegen wieder die guten Nachrichten. Das liegt vor allem an Kronprinzessin Victoria, ihrem Mann Daniel und den Kindern Oscar und Estelle. Trotzdem schätzen die Schweden ihre Königin sehr, mögen die Stille ihres Wesens. Silvia selbst hat einmal über sich gesagt, sie habe einen deutschen Kopf, ein brasilianisches Herz und eine schwedische Seele. Öffentlich gibt sie sich stets verhalten.

Natürlich sind in den vergangenen Jahrzehnten unzählige Artikel im Boulevard erschienen, die sich der heute 72-Jährigen anzunähern versuchten. Auch am Dienstag Nachmittag steht neben anderen Journalisten auch eine Redakteurin der „Gala“ mit am Tisch. Es geht um die Enkelkinder, den nächsten geplanten Urlaub, so was in der Art. Silvia kennt das, bleibt freundlich und gibt kleine Einblicke in die privaten Gegebenheiten. Enkelin Estelle (4) striegele gern Pferde, erzählt Silvia zum Beispiel, helfe mit Begeisterung im Stall beim Saubermachen. Thronfolgerin Madeleine sei in ihrer Jugend viel geritten, auch über Hindernisse gesprungen, obwohl sie, Silvia, doch eher für die Dressur plädiert habe.

Silvia ist ein Familienmensch. Auch Dienstag ist sie oft umringt von ihren Nichten und Neffen. Ein Teil ihrer Verwandtschaft lebt in Eupen-Kettenis, 20 Kilometer südlich von Aachen. Dort, bei ihrem Bruder Ralf, wohnen Carl Gustaf und Silvia für die drei Tage, die sie auf dem CHIO verbringen. „Ein Stück Heimat“, sagt die Königin. Schon oft sei sie durch Aachen geschlendert. Sie habe eingekauft, freundlich begrüßt von den netten Menschen dort. Ob sie selbst reite, will man noch wissen. „Früher“, antwortet sie. Und welche Disziplin? „Nicht runterfallen“, sagt die Königin und lacht.

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