Rasiert elektrisch so gut wie nass?

New York (dpa/tmn) - Rasieren war früher harte und nicht selten blutige Arbeit. Heute locken Dutzende Rasierer, einfach oder High Tech, mit drei, vier, fünf oder sechs Klingen, für den Bart oder die Männerbrust.

Die Grundfrage bleibt aber: Ist nass oder trocken besser?

Vor gut einem Jahrhundert gab es in den USA eine Revolution. Eigentlich waren es gleich zwei, denn 1901 erfand der Handelsreisende King Gillette die einfache Rasierklinge, mit der das archaische Rasiermesser ausgedient hatte. Und ein paar Jahre später entwickelte der Auswanderer Johann Bruecker den ersten mechanischen Rasierer. Seitdem ist die Männerwelt tief gespalten: „Nass oder trocken?“, heißt die Glaubensfrage und wer sich einmal für ein Bekenntnis entschieden hat, geht selten wieder zurück. Dabei haben beide Varianten Vorteile - und Nachteile.

Zu Gillettes Zeiten wäre die Frage keine gewesen. Alles sprach für die Nassrasur, die doch gerade, so schien es, perfektioniert worden war. Jahrhundertelang konnte nur das sprichwörtlich scharfe Rasiermesser dem Männergesicht zu Leibe rücken, und das ging selten unblutig aus. Vor 110 Jahren wurde dann die Klinge so gesetzt, wie es lange Standard bleiben sollte: Das Blättchen mit den scharfen Kanten wurde in den kleinen Halter gelegt, und schon konnte es über das eingeschäumte Gesicht gehen. Ein paar Blutflecken im Gesicht blieben Männeralltag, aber was war das schon im Vergleich zu vorher?

Brueckers Trockenrasierer war da keine Konkurrenz. Das ratternde Ding mit Aufzugsmotor schepperte und bekam zwar ein Patent, aber keine Käufer. Erst der Elektromotor sorgte dafür, dass sich Männer nicht mehr eine Stahlklinge an den Hals setzen mussten. Im März 1931 kam der erste Elektrorasierer auf den Markt.

„Die Zeit war einfach reif für etwas Neues“, sagt Pieter van Groos, Entwicklungschef bei Philips. Für ihn liegen die Vorteile der Elektrorasur auf der Hand: „Es ist einfacher und ich kann es überall machen, notfalls noch eben auf dem Parkplatz im Auto vor dem Termin. Blut- oder Schaumflecken gibt es nicht.“

Und doch nutzen immer noch mehr Männer Schaum statt Strom. „Die Nassrasur ist gründlicher“, argumentiert etwa Robin Vauth, Chef des Klingenherstellers Wilkinson. Und für die Haut sei es besser, sozusagen „das tägliche Peeling“. Allerdings: Das Gesundheitsargument nehmen auch „die elektrischen“ in Anspruch: „Bei der Trockenrasur gibt es einfach weniger Hautirritationen“, sagt Jürgen Höser, Entwickler bei Braun.

„Falsches Rasieren ist gar nicht so selten die Ursache von Hautkrankheiten“, sagt die Hautärztin Regina Fölster-Holst. „Dabei sind beide Varianten bei gesunder Haut gleich gut, das mag jeder für sich entscheiden.“ Die Professorin an der Kieler Universitätsklinik schränkt das aber ein, wenn schon Hautprobleme da sind: „Dann rate ich zur Elektrorasur. Weil die Klingen die Haut nicht berühren, ist das schonender.“ Trotzdem setzen viele bei pikanteren Stellen auf die bloße Klinge: Im Gesicht, auf der Männerbrust oder am Damenbein sind die Nassrasierer am gründlichsten, urteilt die Stiftung Warentest.

Für alle Nassrasierer - ob im Gesicht oder anderswo auf dem Körper - gilt, dass die Haut gewaschen und gut befeuchtet sein sollte. Wenn der Schaum einige Minuten wirken konnte, kann losgelegt werden - immer nur mit der Wuchsrichtung. Das Rasieren gegen den Strich belaste die Haut zu sehr, sagen Experten. Die Klingen sollten oft abgespült werden und nicht oft über die gleichen Stellen gehen. Kritische Partien wie die Oberlippe und das Kinn werden zuletzt rasiert, damit dort der Schaum am längste einwirken kann.

Bei der Trockenrasur sollte das Gesicht trocken sein. Das heißt auch, dass besser vor der Dusche rasiert wird, da sonst die Haut zu weich und aufgequollen ist. Hier wird mit den schwierigsten Stellen angefangen, denn die Scherköpfe werden mit der Zeit heiß.

Für beide Rasierarten gilt: Die Haut während der Rasur mit den Fingern spannen und regelmäßig die Klingen wechseln oder den Rasierer reinigen. Und Aftershave? Auch das sei eine Geschmacksfrage, sagt Hautprofessorin Fölster-Holst. „Wer mag, soll es nehmen, es schadet ja in der Regel nicht. Aber notwendig ist es bei gesunder Haut eigentlich nicht.“

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