WZ-Interview: Iris Berben spielt auch gern die Böse

Die Schauspielerin ist in einer neuen Simmel-Verfilmung im ZDF als ehemalige RAF-Terroristin zu sehen.

WZ: Frau Berben, Ihr Sohn Oliver hat die Produktionsrechte an sämtlichen Simmel-Romanen erworben. Die erste Neuverfilmung, "Und Jimmy ging zum Regenbogen", war mit 5,5 Millionen Zuschauern zwar erfolgreich, kam bei der Kritik aber nicht so gut weg.

Iris Berben: Ich glaube, dass manche Leute Probleme mit der für Simmel typischen Mischung aus kolportagehaften Elementen und brisanten Stoffen haben. Ich persönlich finde, dass Trivialität ein legitimes und cleveres Transportmittel ist, um Inhalte zu vermitteln. Und im Film muss das, was Simmel ausmacht, natürlich sichtbar bleiben - wenn man die Stilmittel weglässt, die großen Liebesgeschichten, die großen Gefühle, dann amputiert man das, was diesen Autor ja auch so erfolgreich gemacht hat.

Sie hatten vermutlich die freie Auswahl, in welcher Romanadaption Sie mitspielen möchten. Warum haben Sie sich ausgerechnet für "Gott schützt die Liebenden" entschieden?

Berben: Es sind mir drei Stoffe vorgelegt worden, und dieser gefiel mir am besten. Ich spiele eine ehemalige RAF-Terroristin, die sich eine neue Identität aufgebaut hat, aber von ihrer Vergangenheit eingeholt wird. Simmels Roman ist in der Nazi-Zeit verankert, in unserem Film spielt die RAF-Ära eine Rolle. Ich halte es für eine sehr spannende Idee, Simmels Stoffe zu modernisieren. Seine Inhalte sind ja immer gültig geblieben.

Sie sind in Deutschland mittlerweile eine Art moralische Instanz. Wie sehr hat Sie bei der Rollenwahl das moralische Dilemma beeinflusst, in dem die Figur Sibylle Loredo steckt? Sie will das Richtige, tut aber das Falsche.

Berben: Mir geht es bei der Rollenwahl nicht darum, meine eigenen Werte zu transportieren. Ich identifiziere mich und meine privaten Anliegen nicht immer zu hundert Prozent mit meinen Figuren. Es gibt manchmal facettenreiche Rollen, die ganz weit entfernt sind von meiner eigenen Moral. Auch einen unmoralischen, unvollkommenen Menschen darzustellen ist reizvoll, und diesen Menschen muss man in dem Moment dann auch lieben. Beim Drehen darf ich der Figur dann nicht durchscheinen lassen, dass ich als Iris Berben eine ganz andere bin und das nur vorgebe.

Was sagen Ihre Fans, wenn Sie so ambivalente Figuren spielen? Der Großteil des Publikums kennt Sie ja als moralisch einwandfreie Kommissarin Rosa Roth.

Berben: Sibylle ist schon eine extreme Figur, aber ich habe ja schon in den unterschiedlichsten Filmen mitgespielt. Um es banal zu sagen: Man kann das an den Quoten ablesen. Ein Film wie "Silberhochzeit", der acht Menschen an einem Tisch versammelte und sie reden ließ, hatte im Endeffekt fast sieben Millionen Zuschauer. An dieser Resonanz erkenne ich, dass mir die Leute in die unterschiedlichsten Rollen folgen.

Sie nehmen die Quoten als Messgröße sehr wichtig.

Berben: Der Beruf des Schauspielers ist ein öffentlicher Beruf. Wenn es einem egal wäre, wie viele Leute einen Film sehen, weil man das nur für sein Ego macht, dann müsste man sich seine Filme irgendwann von der Krankenkasse finanzieren lassen - auch wenn das jetzt zynisch klingt. Außerdem kann sich doch keiner dem Fetisch Quote entziehen. Wenn Filme wie zuletzt "Duell in der Nacht" schlechte Zuschauerzahlen hätten, bekäme ich ja gar nicht mehr die Möglichkeit, weiterhin anspruchsvolle Stoffe zu machen. Die größere Freiheit hast du nur dadurch, dass du gute Quoten holst. Und es gibt ja auch nichts Schöneres, als mit den Sachen, an die man glaubt, Erfolg zu haben.

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