Wissenschaft: Einstein war ein Musterschüler

Generationen von Schülern haben sich mit den vermeintlich schlechten Leistungen des Physikers über die eigenen hinweg getröstet – zu Unrecht.

<strong>Berlin. Die Haare zerzaust, die Augen weit aufgerissen, seine Zunge streckt er dem Fotografen entgegen. So kennen wir Albert Einstein. Schlau ist er gewesen: 1921 bekam er den Nobelpreis für Physik, mehrere Ehrendoktorwürden wurden ihm verliehen, und er hat uns gelehrt, dass ausgerechnet in der Naturwissenschaft einiges relativ ist. Da kann man doch mal sehen, was aus jemandem werden kann, der in der Schule über eine Vier in Mathe nicht hinausgekommen ist.

Er machte in der Schweiz Abitur - dort benotet man anders herum

Die Geschichte vom Versager, der sich als Genie entpuppt, ist für Generationen von Schulmuffeln eine wunderbare Ausrede für schlechte Noten. Doch Fehlanzeige. "Das ist ein Gerücht", sagt Christoph Lehner vom Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin.

Auf Einsteins Abiturzeugnis prangen in allen naturwissenschaftlichen Fächern nicht nur Vieren, sondern Sechsen. Der Haken an der Sache: Der gebürtige Ulmer hat sein Abitur in der Schweiz gemacht. Da benotet man anders herum. Die Eins gilt so viel wie eine Sechs, die Zwei wie eine Fünf, und so fort. Und schon steht Einstein als Streber da.

Für die Legende vom Schulversager nennt Lehner zwei Erklärungen: Entweder einer der Biografen hat tatsächlich übersehen, dass die Schweizer bei den Noten anders zählen. "Oder die Tatsache, dass er nicht gerne zur Schule gegangen ist, wurde mit schlechten Leistungen gleichgesetzt."

Dennoch hält sich dieses Gerücht seit Jahrzehnten bei Schülern, Eltern, Erziehungsberatern ("Noten sollten nicht überbewertet werden") und auch im Kinderkanal: "Selbst Einstein hatte nur ’ne Vier in Mathe und war später mal total genial", heißt es im Titellied der Teenie-Serie "Schloss Einstein".

Einsteins Talente waren nicht sofort offensichtlich. So lernte er erst relativ spät mit drei Jahren das Sprechen - das behauptet jedenfalls seine Schwester Maja in einer Notiz. In der Schule erwies er sich indes als sehr aufgeweckter Schüler. Mit sechs Jahren kam er in der Münchener Volkshochschule gleich in die zweite Klasse, weil er zuvor Privatunterricht gehabt hatte.

Seine Leistungen waren gut bis sehr gut - nicht so brillant in den Sprachen, aber herausragend in den Naturwissenschaften. "Was ihm nicht gefallen hat, das hat er nicht gerne gemacht", charakterisiert ihn Lehner.

Die heute aktuelle Forderung "jedem Kind sein Instrument" setzte der Schüler eigenständig um: Von 1884 an nahm er Geigenunterricht. Einstein las auch schon früh populärwissenschaftliche Bücher und verschaffte sich selbst einen Überblick über den Forschungsstand. Doch noch vor dem Abitur verließ er gegen den Willen der Eltern die Schule.

Ohne Abitur - das damals nicht zwingend notwendig war - versuchte er als 16-Jähriger die Aufnahmeprüfung an der Uni in Zürich (ETH). Doch im ersten Versuch scheiterte er. Sein Mentor, der ETH-Rektor und Physiker Heinrich Weber, brachte Einstein dazu, im schweizerischen Aarau die Reifeprüfung nachzumachen.

Zur Person Albert Einstein wurde am 14. März 1879 in Ulm geboren und starb am 18. April 1955 in Princeton (USA). Er hatte eine Tochter und zwei Söhne mit seiner ersten Frau Milena und zwei Stieftöchter von seiner zweiten Frau Elsa.

Zur Wirkung Die von ihm entwickelte Relativitätstheorie und seine Beiträge zur Quantentheorie beeinflussten nachhaltig das physikalische Weltbild. Bis zu seinem Tod mühte er sich vergeblich, die so genannte "Weltformel" zu finden.

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