Willy Millowitsch: Kölscher Jung und Patriarch

Der Volksschauspieler wäre am Donnerstag 100 Jahre alt geworden. Sein Theater ist bedroht: Es fehlen die Nachkommen.

Köln. Wenn Willy Millowitsch kam, hielt man besser den Mund. Als er den TV-Kommissar Klefisch spielte, war der Kölner Schauspieler schon hoch in seinen 80ern, doch niemals wäre er auf die Idee gekommen, die Pressekonferenz zum Film auszulassen. Und wenn der große, schwere Mann einmal das Wort ergriffen hatte, bekam es so schnell kein anderer mehr.

Und hörte er aus einer Frage auch nur einen Hauch von Kritik heraus, musste man bei der Antwort die Ohren anlegen. Wenn aber die Fotografen kamen, strahlte Willy Millowitsch wieder übers ganze Gesicht, als wolle er gleich anfangen zu schunkeln. Am Donnerstag hätte er seinen 100.Geburtstag feiern können.

Zeitlebens hat er den kölschesten aller kölschen Jungs gespielt, dabei war die Familie nur zugewandert: Vater Peter Wilhelm stammte aus Düsseldorf, Mutter Käthe aus Wien. Die Schauspielerei lag der Familie aber tatsächlich im Blut. Die Theaterdynastie besteht seit 1792, wenn auch lange als Puppenspieler.

Das prägte den kleinen Willy. Er stand schon als Knirps auf der Bühne und hielt das bei den eigenen vier Kindern später auch so. Draußen herumtoben durfte er nicht: Er hätte sich ja verletzen und für die Vorstellung ausfallen können. Einen Schulabschluss hat er nie gemacht, ein ebenso erfolgreicher wie strenger Theaterchef ist er trotzdem geworden.

Schauspieler wollte er eigentlich nicht werden, hätte lieber Ingenieur gelernt. Doch die Eltern zwangen ihn auf die Theaterbretter - und ihnen verschrieb er sich mit Haut und Haaren. Bühne und Beruf seien ihm allemal wichtiger gewesen als die Familie, sagten seine Kinder jetzt in einer Talkshow.

Beizeiten erkannte Willy Millowitsch, wie wichtig das Fernsehen als Werbe-Instrument ist. Im Oktober 1953 wurde sein Schwank "Der Etappenhase" live im NWDR ausgestrahlt - sein Durchbruch. Mehr als 100 TV-Übertragungen aus seinem Theater folgten, eine erreichte sagenhafte 88 Prozent Marktanteil.

Willy wurde zum Hans Dampf in allen medialen Gassen. Er spielte in Kinofilmen, er machte Werbung, er besang 30 Schallplatten mit Stimmungsliedern wie "Wir sind alle kleine Sünderlein".

Bis kurz vor seinem Tod am 20. September 1999 konnte er mit "Schnaps, das war sein letztes Wort" eine schunkelselige Bühnenpräsenz anknipsen und sein Hüftleiden für solche Auftritte ausblenden.

Die Kehrseite seines Berufs-Klamauks war ein strenges Familien-Regiment. "Einen Vater gab es nicht, es gab nur einen Schauspieler", sagte Tochter Katarina, die Lehrerin geworden ist. Sein Sohn Peter hat ihn meist "Chef" genannt. Nach dessen Tod sagte sein Nachfolger: "Unser Verhältnis war und ist im Eimer."

Zehn Jahre später hat er Abstand gewonnen, rühmt die Schauspielqualitäten seines Vaters. Er sagt aber auch: "Ein Geschenk zum Hundertsten hätte er von mir sicher nicht angenommen, weil unser Verhältnis endgültig zerrüttet wäre."

Dem Millowitsch-Theater gibt Peter keine große Zukunft mehr. Die Zuschauerzahlen reichen gerade noch, weder er noch seine drei Schwestern haben Kinder.

Die in der Domstadt bekannten Familienquerelen haben der Verehrung für Millowitsch in Köln nicht geschadet. 1992 bekam er ein Denkmal in der Innenstadt. Nach seinem Tod wurde ein zentraler Platz nach ihm benannt. Zum 100. Geburtstag legen Familie und Stadtobere am Grab des Kölner Ehrenbürgers Kränze nieder, anschließend gibt es einen Empfang im Rathaus.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort