Tony Marshall: Die schöne Maid zieht ins Museum

Schlagersänger Tony Marshall eröffnet eine Galerie mit seinen Erinnerungen — in einem griechischen Restaurant.

Baden-Baden. „Tony-Marshall-Weg 2“ steht in nostalgischen Lettern auf einem Straßenschild über der Tür. Im Raum dahinter hängen die Schätze aus sieben Jahrzehnten eines prallen Lebens.

In seinem Stammlokal „Olive“ hat Tony Marshall, Muntermacher der Nation („Schöne Maid“), sich einen Lebenstraum erfüllt — eine Ausstellung mit den Trophäen seiner Sangeskarriere. Heute eröffnet Marshall „sein Museum“ mit einem kleinen Konzert offiziell.

Fotos und Goldene Schallplatten erzählen Geschichten, die Fans zum Schwärmen und Staunen bringen dürften. Klar, dass „Tony“, wie ihn hier alle nennen, zu jedem Stück eine Geschichte zu erzählen hat. Nicht nur zu den vielen Promis, mit denen er auf Schwarz-Weiß-Fotos abgelichtet ist und von denen einige Weggefährten wie Vico Torriani oder auch Anthony Quinn die Lebensbühne schon verlassen haben.

Etliche sind dabei, die ähnlich viele Jahre auf dem Buckel haben wie Tony mit seinen knapp 75: Uwe Seeler, Trompeter Walter Scholz oder Dieter Thomas Heck, mit dem ihn die Liebe zu seiner Heimatstadt Baden-Baden verbindet.

Der kleinen Stadt hält Marshall die Treue, hier feierte er als Neunjähriger seinen ersten Triumph, als er das Seifenkistenrennen gewann und ein nagelneues Fahrrad dazu. „Das war 1947 eine echte Sensation“, erzählt der 74-Jährige und zeigt mit sichtlichem Stolz auf das Plakat, das ihn als strahlenden Piloten in der Blechkiste zeigt.

Ein paar Jahre hat es noch gedauert bis zum ersten öffentlichen Auftritt als Sänger beim Pennälerball im Kurhaus. Auch der hat natürlich auch den Weg aus dem Familienalbum ins „Museum“ geschafft.

Wer das Bild eines besonders glücklichen Tonys sucht, der findet ihn — mit bunter Blumengirlande geschmückt — auf Bora Bora. Nach dem gleichnamigen Riesen-Hit hatte ihn die Gesellschaftsinsel 1978 zum Ehrenbürger ernannt. Das toppt ganz klar den Preis, mit dem er zuvor als „beliebtester deutscher Künstler in den USA“ ausgezeichnet wurde.

Spott über die „schöne Maid“, die ihn auch jenseits des Ozeans zur gefeierten Stimmungskanone machte, lässt den examinierten Opernsänger Marshall schon lange kalt. „Goldene Schallplatten und all die anderen Preise bedeuten mir nicht so viel. Mein schönster Lohn ist, bei meinen Auftritten in die strahlenden Gesichter der Menschen zu sehen.“

Besonders glücklich hat Tony jetzt seinen alten Freund Christoforos Charitos gemacht, der mit seinem griechischen Restaurant in eine ganz persönliche Euro-Krise zu schlittern drohte. Fern der Innenstadt an einer vielbefahrenen Straße gelegen, blieben die Gäste rar, doch dank des „Tony-Marshall-Museums“ darf er sich jetzt wohl auf jede Menge Tagestouristen freuen.

Allerdings müssen die Tony-Fans eine gewisse Nikotin-Resistenz mitbringen: Speisen und Rauchen gehören in den Räumen zusammen. Und wenn Tony nicht auf Tournee ist und hier genüsslich am Zigarillo zum edlen Rotwein pafft, gibt es ihn und seine Geschichten nach Oliven und Zaziki gratis als Dessert.

Und wer dann fragt, was die „2“ auf dem Emailleschild mit dem „Tony-Marshall-Weg“ bedeutet, erfährt, dass es einen Tony-Marshall-Weg in Baden-Baden schon lange gibt: Mit dem hat die Stadt ihren Ehrenbürger zum 70. ihre Reverenz erwiesen.

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