Stefan Raab: An ihm kommt keiner mehr vorbei

Porträt: Vom Pöbel-Moderator zum seriösen Medienmacher: Stefan Raab ist die Unterhaltungsmacht im Fernsehen.

Oslo. Der Mann, der nicht nur bildlich gesprochen die größte Klappe im deutschen Fernsehen hat, sagte erst mal nichts. Es gab keine großmäuligen Interviews vom Vater des Sieges: Stefan Raab war verdächtig still, nachdem Lena Meyer-Landrut den Eurovision Song Contest (ESC) gewonnen hatte. Am Sonntag sprach der 43-Jährige auch nicht viel - das lag aber wohl daran, dass er die Stimme bei der Feierei überstrapaziert hatte.

Raab muss auch gar nichts mehr sagen. Seit Samstagnacht ist der zweifache Vater die neue Unterhaltungsmacht in Deutschland. Nach diesem Erfolg kommt keiner mehr an ihm vorbei. Die ARD kann gar nicht so schnell gucken, wie sie all das bekommt, was sie sich sehnlich wünscht: Eine Riesenquote, eine rundum positive Resonanz, und - quasi unbezahlbar - ein schlagartiges jugendlicheres Image ohne Trash. Man darf auch schon darauf wetten, wann es zum ersten Mal heißt, er würde Thomas Gottschalk beerben.

Raab kennt das Geschäft seit 17 Jahren. Er weiß, wenn ihm einer am Zeug flicken will, dann fällt im zweiten Satz die Aussage vom "bezirksbesten Metzgerlehrling". Wer ihm wohlgesonnen ist, spricht stattdessen vom "Jesuitenschüler".

Das wird ihn nicht mehr berühren, denn er hat einen langen Weg zurückgelegt. Vom Rotzfrech-Moderator beim Musiksender Viva (1993-1998) über den Pöbelhansel in seinen Anfangszeiten bei ProSieben (ab 1999), der sich etliche Geldstrafen wegen Beleidigung einfing, hat er sich zum seriös-kreativen Medienmenschen entwickelt. Das, was ProSieben noch an Schwung hat, kommt aus Raabs Werkstatt. Er hat sich die Wok-WM und all ihre Ableger wie "TV total Turmspringen" ausgedacht. Mit "Schlag den Raab" hatte er die einzige innovative Idee für eine Samstagabendshow in den vergangenen Jahren. Damit belebte er nicht nur die Ideenwüste in Deutschland, sondern auch die europäische, denn das Konzept hat seine Firma Raab TV vielfach verkauft.

Als der gebürtige Kölner vor fünf Jahren erstmals seinen "Bundesvision Song Contest" als Gegenveranstaltung zur ARD-Vorauswahl präsentierte, staunten viele, wie respektvoll der Moderator mit den Kandidaten umging. Dabei betreibt er den Wettbewerb auch im Glitzeranzug ernsthaft. Drei Mal war Raab schon vorher erfolgreich beim ESC - mit Guildo Horn 1998 (siebter Platz), als Sänger 2000 (fünfter Platz) und mit Max Mutzke 2004 (achter Platz).

Wenn es um Musik geht, sieht Raab gleich ganz anders aus - entspannt und erwartungsvoll. Das hat er nun bis nach Oslo getragen. Seine "TV-Total"-Sendungen vor dem Finale schienen ihm endlich wieder selbst Spaß zu machen. Und in Sätzen wie "Es hat mir immer Spaß gemacht, junge Talente zu unterstützen. Wenn das klappt wie jetzt bei Lena, macht mich das stolz" sucht man vergeblich nach Ironie-Signalen.

Der Spaß am Wettbewerb verlässt Stefan Raab offenbar auch in der Anspannung nicht. Für "Unser Star für Olso" bekam er den Bayerischen Fernsehpreis. Die 10000 Euro Preisgeld hat er am Samstag im Wettbüro auf Lena gesetzt. "Die Kohle vom bayerischen Fernsehen, die ich eigentlich für eine Party meines Teams ausgeben wollte", sagte er dem "Spiegel". Der Gewinn wird umgehend investiert: "Das wird jetzt ’ne noch schönere Party." Wann er sich von der ARD ganz einkaufen lässt, kann er sich ja immer noch überlegen.

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