Riechforscher - mit Spürnase durch die Welt

Der Riechforscher Hanns Hatt ist neuer Präsident der NRW-Akademie der Wissenschaften und der Künste.

Düsseldorf. Beim heiteren Beruferaten müsste sich Hanns Hatt ein Reagenzglas mit einer Duftnote unter die Nase halten, denn der Professor aus Bochum ist Deutschlands berühmtester Riechforscher. Als Student in München kam er einst mit dem Schmetterlings-Papst Dietrich Schneider in Kontakt, der wissen wollte, wie die Schmetterlingsweibchen die Männchen anlocken. Seither sind Hatts Thema die Riechzellen - allerdings in der menschlichen Nase. Nun hat der Wissenschaftler das Ehrenamt als Präsident der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste in Düsseldorf übernommen. Der 62-Jährige sagt von sich, er gehe mit "offener Nase durch die Welt".

Er und sein Forschungs-Team erkannten, dass Riechzellen ("Duftsensoren") nicht nur in der Nase, sondern auch in anderen Teilen des Körpers sitzen - mit völlig anderen Funktionen. So entdeckte er den Maiglöckchenduft nicht etwa auf der Wiese, sondern in der Eizelle. Sie gibt den verlockenden Duft ab, und die Spermien folgen ihm. Für die Medizin heißt dies: Diese Düfte lassen sich bei Kinderlosigkeit oder Problemen mit der Befruchtung einsetzen.

Vor vier Monaten kam der nächste Forschungserfolg aus seinem Institut an der Ruhr-Universität Bochum. Im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt er ihn so: "Wir haben im September einen Veilchenduft in den Prostata-Zellen gefunden." Hatts Schlussfolgerung: "Man kann Prostata-Zellen am Wachstum hindern. Das ist enorm wichtig in der Erforschung der Krebserkrankung. Wenn man beim Prostata- ober beim Hautkrebs diese Riechrezeptoren in den Zellen aktiviert, kann man die Krebszellen zum Absterben bringen."

Riechzellen sind so klein, dass man früher ihrer kaum habhaft wurde. Seitdem die Technik verbessert worden ist, kommt Hatt zu immer wieder neuen Ergebnissen. So rufen Gerüche Erinnerungen hervor: Die Düfte werden über eine Art Standleitung aus der Nase in alte Zentren des Gehirns transportiert. So können lange zurückliegende Ereignisse viel intensiver als über optische oder akustische Reize ins Gedächtnis zurückgerufen werden.

Der Wissenschaftler interessiert sich aber auch für die Frage, was die Düfte mit dem Menschen anstellen - bei der Partnerwahl oder im Marketing. "Wie kann ich mit einem bestimmten Duft Menschen dazu bringen, ein Produkt zu kaufen oder einen Partner sympathisch zu finden?" Hatt schiebt die Antwort gleich hinterher: "Parfum ist Duft-Marketing. Menschen können durch Düfte verführt werden."

Warum übernimmt dieser vielgefragte Forscher nun ausgerechnet das Präsidentenamt der NRW-Akademie? "Weil ich persönlich sehr viel von der Gesellschaft profitiert habe und ein klein wenig zurückgeben möchte", erklärt Hatt.

Eine seiner Aufgaben wird es sein, Kontakt zu den Künstlern aufzunehmen, die seit wenigen Monaten als neue Kollegen aufgenommen worden sind. Schon jetzt weiß er: "Es gibt Ähnlichkeiten zwischen der Grundstruktur eines Gehirns und eines Bildes. Maler machen vieles intuitiv, aber ein Gehirnforscher will herausfinden, warum sie bestimmte Farben verwenden oder emotionale Themen auf der linken oder rechten Seite eines Bildes platzieren."

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