Ranga Yogeshwar: „Wir trauen uns zu wenig zu“

Interview: Ranga Yogeshwar reiste für seine Sendung auf einem Frachtschiff mit, traf aber zum Glück keine Piraten.

Köln. Im Welthandel reisen die Waren per Container, 14Millionen sind auf den Meeren unterwegs. Für "Quarks & Co." reiste Moderator Ranga Yogeshwar ein Stück auf dem Frachtschiff "Ever Conquest" mit. Das WDR-Wissensformat setzt zunehmend auf Reportagen und auf die Show "Quarks Arena" mit Studiopublikum.

Yogeshwar: Nein, wir waren auf einer sehr interessanten Etappe zwischen Hamburg und Rotterdam dabei. Die Einsamkeit auf einem Containerschiff konnte ich leider nicht miterleben. Aber die Piraten im Golf von Aden sind ein sehr ernstes Problem. Die Mannschaft hat mir eine Karte gezeigt, auf der fein säuberlich alle Attacken notiert sind.

Sie sind unternehmungslustig, aber worin liegt der Erkenntnisgewinn einer solchen Reportage für den Zuschauer?

Yogeshwar: Vielleicht bekommt der Zuschauer ein Gefühl dafür, was Globalisierung und globaler Warenstrom genannt wird. Wir denken bei Produkten oft nicht darüber nach, wo die herkommen oder dass sie an ganz verschiedenen Orten zusammengesetzt sind. Das würde ohne diese riesigen Containerschiffe überhaupt nicht funktionieren.

Muss man solche Reportagen vermehrt anbieten, damit die Sendung Erfolg hat?

Yogeshwar: Es geht eher darum, einem Thema gerechter zu werden. Es gibt Themen, die in einer Studiokulisse fantastisch funktionieren. Bei anderen ist man besser vor Ort.

Sie haben zuletzt die "Quarks Arena" eingeführt. Werden Sie immer mehr zum Showmaster?

Yogeshwar: Es gibt Themen, bei denen die Interaktion mit dem Publikum wichtig ist. Den Begriff Showmaster mag ich nicht so, denn Show klingt eher nach Tralala. Wir binden das Publikum aktiv ein und wollen da nicht nur klatschende Statisten sehen.

Sie haben im Herbst Ihren schönen Posten als Leiter der WDR-Programmgruppe Wissenschaft aufgegeben und arbeiten nun freiberuflich. Warum?

Yogeshwar: Ich recherchiere und schreibe alle Folgen von "Wissen vor acht" selbst. Das ist nicht zu vereinbaren mit einer leitenden Position, für die man unter anderem an zahlreichen Sitzungen teilnehmen muss.

Wird man Sie künftig auch bei anderen Sendern sehen?

Yogeshwar: Ich bekomme zwar ständig Anfragen, aber der WDR bleibt mein Sender.

Zwingt einen das Fernsehen heute stärker dazu, komplexe Fragen reduziert darzustellen?

Yogeshwar: Die Qualität des Fernsehens hat sich sicher verändert. Als ich anfing, gab es noch kein Privatfernsehen. Dadurch, dass es weniger parallel laufende Alternativen gab, konnte man in Sendungen manchmal durch ein trockenes Tal laufen, ohne die Zuschauer sofort zu verlieren.

Aber es ist doch gut, wenn es keine trockenen Täler gibt, oder?

Yogeshwar: Ja, aber man muss auch bereit sein zu sagen: Jetzt wird es mal fünf Minuten ein bisschen heftiger. Wenn ich das durchstehe, verstehe ich tatsächlich einen anderen Zusammenhang. Vielfach trauen wir es uns zu wenig zu, das noch anzubieten.

Sie haben in der Vergangenheit kritisiert, dass im Ersten Wissenschaftsthemen zu kurz kommen. Hat sich die Situation gebessert?

Yogeshwar: Ich halte es nach wie vor für einen Fehler, dass im Hauptabendprogramm keine große Wissenschaftssendung vertreten ist. Ich würde mir wünschen, dass die Inhalte mit mehr Selbstbewusstsein und Stolz verteidigt werden. Nicht: Wir müssen, sondern wir dürfen Informationssendungen machen, das ist unser großes Glück.

WDR, 21 Uhr: "Quarks & Co"

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